Rückblick: Am 31. Januar 2020, um ein Uhr nachts, endete der erste Euthanasie-Prozess Belgiens. Alle drei Ärzte, die sich vor dem Assisenhof von Gent wegen Mordes durch Vergiftung verantworten mussten, wurden freigesprochen.
Zwei Wochen später beschlossen die Angehörigen von Tine Nys, vor den Kassationshof zu ziehen. Das Euthanasiegesetz sei nicht respektiert worden.
Das Gesetz sieht vor, dass bei einem psychischen Leiden, der Arzt ein Gutachten von zwei anderen Ärzten einholen muss. An der Unabhängigkeit der beiden anderen Ärzte hatte die Familie Zweifel.
Da der Kassationshof aber nicht inhaltlich, sondern nur formal urteilt, ist diese Frage weiterhin offen. Allerdings urteilte der Kassationshof am Dienstag, dass es in der Tat ein Problem mit der Urteilsbegründung gibt. Damit ist das Urteil kassiert, also ungültig.
Allerdings kommt es jetzt nicht mehr zu einem Assisenprozess, denn strafrechtlich bleiben alle drei Ärzte vom Vorwurf des geplanten Giftmordes definitiv freigesprochen.
Der neue Prozess vor dem Gericht Erster Instanz behandelt nur die zivilrechtliche Klage der Familie, also die Frage eines Schadenersatzes. Ob der Arzt tatsächlich das Euthanasiegesetz missachtet hat oder nicht, muss dann geklärt werden.
Volker Krings