Seit Montag hat das Land seine existentielle Krise noch einmal schriftlich. Wieder einmal zieht sich die Regierungsbildung endlos in die Länge, wieder schaffen Flamen und Frankophone es nicht, einen Konstruktionsplan für das Belgien von morgen zu entwerfen.
Da mag die Diagnose von Herman Van Rompuys Bruder Eric naheliegen, der da meinte, Belgien sei klinisch tot. Ganz nüchtern betrachtet kann man das angesichts der neuesten Krise nicht mehr mir nichts dir nichts vom Tisch fegen. Nur bringt uns diese Feststellung keinen Schritt weiter. Und das hat nichts mit Nostalgie oder mit einer diffusen Sehnsucht nach der "Belgique à Papa" zu tun.
Klar: Belgien ist ein 180 Jahre altes Kunstgebilde. Man muss beileibe kein Historiker oder Politikwissenschaftler sein, um zu diesem Schluss zu gelangen. Es ist eine Tatsache.
Und Tatsache ist auch, dass in diesem Land längst zwei Bevölkerungsgruppen - oder wenn man will: drei, vielleicht auch vier - koexistieren. Koexistieren im Sinne von "nebeneinanderleben". Es ist unübersehbar, dass der eine mit dem anderen nicht mehr viel gemein hat. Die Sprache ist anders, die Kultur, die Mentalität, man teilt nur selten dieselben Lieblingsschauspieler, Buchautoren oder Fernsehsendungen, jeder lebt eigentlich in seiner Welt.
Nebeneinander, aber eben auch miteinander. Und abgesehen von den Klassikern wie dem König, den Roten Teufeln und der Sozialen Sicherheit hat dieses Miteinander einen Namen: Brüssel.
Es mag denn auch auf den einen oder anderen befreiend wirken, Belgien jetzt für gescheitert zu erklären oder über "Plan B" zu schwadronieren. So mancher mag sich jetzt vielleicht endlich darin bestätigt sehen, dass Belgien allenfalls der aus lateinischen und germanischen Fetzen zusammengeflickter Frankenstein Westeuropas ist.
Doch, um im Bild zu bleiben: Belgien ist - anders als die Tschechoslowakei - ein siamesischer Zwilling, der an vitalen Stellen zusammengewachsen ist. Und genau dieses Gebilde kann nur über zwei Wege geteilt werden: entweder durch einen langwierigen chirurgischen Eingriff, oder mit der Brechstange.
Konkret: Wer glaubt allen Ernstes, dass die Scheidungsgespräche einfacher würden, als die jüngsten Koalitionsverhandlungen? Zunächst geht es ums Geld, im vorliegenden Fall die Staatsschuld. Zu glauben, es reiche, einfach 60-40 zu machen, wäre wohl viel zu kurz gedacht.
Und dann geht es ums gemeinsame Kind mit Namen: Brüssel. Niemand, weder die Flamen und auch nicht die Frankophonen, können zu hundert Prozent sicher sein, zu welcher Seite Brüssel tendieren würde. Auf der anderen Seite will - und kann - niemand auf Brüssel und seine Strahlkraft verzichten.
Bliebe ein revolutionärer Prozess, also eine einseitige Unabhängigkeitserklärung, wo man sich also sozusagen samt Kind (Brüssel) absetzt. Da sollte man aber nicht erwarten, dass die EU da klatschend den Neuen in ihrer Runde akzeptieren würde. Franzosen, Spanier oder Italiener würden wohl kaum ein Szenario absegnen, das ihnen postwendend selbst blühen könnte, man denke nur an Korsika, das Baskenland, Katalonien oder die Lombardei.
Eine Spaltung des Landes mag für den einen oder anderen also eine verlockende Perspektive, vielleicht sogar die vermeintlich "logische" Schlussfolgerung sein. In der Praxis taugt das aber kaum zum "Plan B".
Also: Schluss mit der Polit-Fiktion! Es ist höchste Zeit, dass man in der Brüsseler Rue de la Loi endlich einsieht, dass man zueinander verdammt ist. Höchste Zeit, weil immer mehr Brände lodern, während hierzulande die Feuerwehr noch darum knobelt, wer denn jetzt ans Steuer und wer den Wasserschlauch halten soll. Ganz Europa, die ganze Welt spart, Haushaltssanierung hat überall oberste Priorität, der RentenGAU wirft lange, bedrohliche Schatten voraus.
Stattdessen muss man den Eindruck haben, dass die Brüsseler Kesselflicker immer noch nicht den Ernst der Lage erkannt haben. Das gilt wohl - mit Abstrichen - für alle Beteiligten, aber besonders für Bart De Wever. Trotz der enormen sprachpolitischen Polarisierung wächst auch in Flandern die Kritik an dem N-VA-Chef. Unterschiedlichen - auch flämischen - Quellen zufolge hat die N-VA einen Zickzack-Kurs hingelegt, wie er im Buche steht, immer wieder zurückgerudert, Korrekturen verlangt und Absprachen missachtet. Um dann, nachdem man selbst das Ganze unleserlich gemacht hat, das Papier zerknüllen und in den Mülleimer werfen zu wollen. Trotz des überhitzten Klimas brachte sogar die flämische Presse Verständnis für die Wut der Frankophonen auf.
"Man stelle sich vor", so formulierte es ein flämischer Leitartikler, "die Frankophonen hätten den Stecker rausgezogen! Mein lieber Mann, da wäre aber in Flandern was los gewesen". Wenn Bart De Wever sich herausnimmt, laufende Gespräche zu beenden, und damit sogar auch die flämischen Parteien vor den Kopf stößt, dann nur, weil er glaubt, sich das leisten zu können.
Und das Schlimme ist: Es stimmt! Bezeichnend: Die jüngsten Erschütterungen in der Rue de la Loi haben zwar auf der politischen Richterskala bisher nie gekannte Ausschläge produziert, demgegenüber hat so mancher Bürger dafür aber allenfalls nur ein müdes Achselzucken übrig.
Nach dem Motto: "Stell' Dir vor, es ist Krise und keiner guckt hin". Jedes Land hat eben die Politiker, die es verdient ...
Meiner Meinung nach sollte man sich mal die Frage stellen,warum und wie Belgien entstanden ist!Es waren doch Religiôse Grûnde und dann muss man sich auch mal die Frage stellen,was davon noch geblieben ist?Alles ândert sich im laufe der Geschichte(Europakarte),nix bleibt so wie es war,das hat uns doch unsere Geschichte schon gezeigt und so ein Kaos was wir jetzt haben,kann auch eine neue Cangse sein,den aus Kaos entsteht auch wieder eine neue Ordnung und wenn die nicht bald kommt,muss Belgien auseinander fallen?Man wûnscht es sich zwar nicht aber gibt es den noch eine andere Lôsung?Ich sehe Belgien als Einwanderer Land fûr Auslânder an und fûr den Kreativen Belgier als das Auswanderland an,den arbeiten hier in Belgien lohnt sich kaum noch und das ist ein grosses Problem wofûr man schnell eine Lôsung finden sollte,weil das der Hauptgrund ist warum die Rechtsparteien so stark geworden sind und die unser Land spalten wollen!Es geht sich nunmal um Geld und Geld wâchst nunmal nicht auf den Bâumen und die Flamen sollen sich mal vor Augen halten,das sie in den 60.Jahren von den Wallonen gelebt haben und jetzt ist es nunmal umgekehrt!Eine Hand wâscht die andere aber in einer Multikultur Gesellschaft wie wir sie jetzt haben,ânderen sich auch die Werte!Hallo!Belgien sollte sich als eine grosse Familie betrachten,wo man sich gegenseitig hilft!Nur leider muss man auch einsehen,das die Politik es soweit gebracht hat,das die Familien auch nicht mehr das sind,was sie mal waren!!!Ich wûrde es schade finden,wenn Belgien auseinander fallen wûrde aber wie sagt man !Glûcklich ist,wer vergisst,was nicht mehr zu ândern ist!Allen viel Glûck,die versuchen unser Land zuretten!!!
I am writing this commentary in english my mother language even though i speak almost fluent german i feel that i can express myself better writing in english. I and my partner have now been living in belgium (DG) for over 12 years and we enjoy working and living here. I have recently heard many comments, theories and ideas concerning the parliamentary crisis in belgium, everybody is trying to find an answer and a compromisse from the parliamentarians, through to the king and our minister president Lambertz. but there is something that i really do not understand, and that is that through it all there is no sense of leadership, nobody is taking reponsibility or even attempting to lead a way out of the political misery. i am a professional coach working with companies, private people and relationships and if the belgium parliament were my clients i would do what i always do when i work with people and that is to discover the existing belief system sustaining the present state.this belief system seems to me to be a leadership or better said lack of leadership problem. it reminds me of a family of children who have for some reason lost their mother and father. the children are all different, with different beliefs, different personalities, strengths and weaknesses, but nobody is showing them the way into a life that is happy, successful and in unity. this is not a political crisis anymore it is a problem of humanness in a negative sense where, envy, jealousy, anger and fear are everyday emotions and thoughts and this belief system is now anchored deeply into the belgian parliamentary members. the next step is to set mediation agreements, agreements that are 100% holding where everybody agrees to without any doubts, if this is not possible a win- win solution will just not happen, it is still a group of children without parents trying to find solutions to problems that do not exist.
an alchoholic or a drug addict can only heal himself when he can say with all conviction "i want to solve this crisis and give everything i have to succeed in my life". maybe a good question for our parliamentarians?
2010. Ganz Europa wächst näher zusammen (oder versucht es zumindest!). Ganz? Nein! Denn einem kleinen europäischen Land, dass sich dazu auch noch mitten in diesem größeren Zusammenwuchs befindet, gelingt es immer noch, erfolgreich Widerstand zu leisten! Wie definier ich jetzt bitte erfolgeich? Nun, das bleibt jedem selbst überlassen. Fakt ist, dass sich hier in Zeiten der Globalisierung immer noch zwei Gruppen die Köpfe einschlagen, um eine Kultur, die wie jede andere sowieso immer mehr an Geltung verliert (nicht zuletzt durch diesen nationalen Skandal, der jede Eigenheit dieses Landes, mag sie noch so einzigartig sein, vollständig in den Schatten stellt). Kultur, Sprache und Sonstiges werden darüber hinaus immer mehr für einen Dekmantel politischer Trägheit und Kindereien. Ein Problem wird uns als so komplex beschrieben, dass wohl nur echte Profis zu dessen Lösung im Stande sind... Kann mir jemand objektiv alle Probleme nennen, damit ich mir beim Frühstück einmal darum Gedanken machen kann? Wohl kaum, denn objektive Problemlösungstrategien scheint es hier sowieso nicht mehr zu geben.
Jeden Abend höre ich in den Nachrichten Namen von Politkern, denen seit Monaten ein unverschämter Lohn für ihr Kindergartenverhalten überwiesen wird! Als würde das nicht genügen, fällt mir auch immer wieder dieser rassistische Unterton auf, der das Gejammer der Politikinder begleitet. Das sollen meine Repräsentanten sein? Das sind sie nicht! Ich bin Belgier, doch das, was sich gerade da unten abspielt (denn da oben ist es schon lange nicht mehr!), entspricht in keiner Weise mehr dem, was ich bin! Ich schäme mich dafür! Als ich jünger war, war Belgien ein Land, in dem die verschiedensten Menschen gemeinsam unter einer Krone lebten. Es war vorbildhaft, dass das gelang! Jetzt bleibt davon nicht mehr viel. Was ist passiert?
Wenn es schon dieses kleine Land nicht schafft mit seiner Verschiedenheit zu recht zu kommen, was soll dann in den nächsten Jahrzehnten aus der Idee "Europa" werden? Ist Belgien von einem Virus befallen, der sich vielleicht in den kommenden Jahren auf den ganzen Kontinent ausbreiten wird, wenn man versucht, noch näher zusammen zu rücken?
Versuche, dieses Konstrukt weiterhin künstlich am Leben zu erhalten, sind Zeitverschwendung. Im Zeitalter von Europa und Regionen überleben sich Nationalstaaten zusehends - erst recht solche, die wie dieser nicht funktionieren können. Das ist ein ganz natürlicher politischer Prozess in Europa. Der "Leitartikler" scheint dies nicht erkannt zu haben. Warum eigentlich nicht?
Mir spricht der Author aus der Seele: Belgien ist zum gemeinsamen weitermachen verdammt. Eine Einigung zwischen den beiden möglichen Teilstaaten ist eine solch logistische Mammutaufgabe, wie sie von den jetzigen belgischen Politikern nicht zu bewältigen wäre. Ein zukunftsweisender Kompromiss, der ein friedliches, belgisches Miteinander der 70er und 80er wiederaufleben lassen würde, muss die machbare Option sein und bleiben. Der vernünftige und pragmatische Belgier, der neben seinen lokalpatriotischen Gedanken einfach auch mal an seine ganz eigene, sichere Zukunft denkt, sollte zu dem Modell Belgien stehen. Unverbesserliche, die schon unter dem Kampfnamen "Belgien ist gescheitert" in den Diskurs gehen, sollte souverän überhört werden.
Es lebe Belgien!
Wenn es solche tiefschürfenden Krisen wie aktuell in Belgien gibt, darf es kein Denkverbot geben. Und wenn die einzelnen Teile des künstlichen Gebildes ohne einander glücklicher sind, warum nicht? Und die Brüssel-Frage könnte man lösen: Die Stadt erhält als "europäischer Verwaltungssitz" einen entsprechenden Sonderstatus unter EU-Verwaltung, ähnlich Washington D.C. in den Vereinigten Staaten.
Klar wäre es schöner, wenn sich in Belgien mal wieder alle am Riemen reißen würden und versuchen, zu kooperieren - aber definitiv muss eins getan werden: Festlegen, in welche Richtung es geht.