Auf der Basis der Empfehlungen der Expertengruppe, die sich mit der Aufhebung des Lockdowns befasst, muss der Nationale Sicherheitsrat zunächst bestätigen, dass Phase drei tatsächlich am kommenden Montag beginnen kann. Da die Corona-Zahlen sich aber weiterhin positiv entwickeln und die von vielen befürchtete zweite Welle trotz früherer Lockerungsmaßnahmen bislang ausgeblieben ist, werden hier eigentlich keine Überraschungen erwartet.
Man komme jetzt in eine andere Phase, sagte Vizepremier Alexander De Croo (OpenVLD) in der VRT. Für seinen Kollegen David Clarinval (MR) ist es eine neue Philosophie, sogar ein Paradigmenwechsel. Man werde den Bürgern und Unternehmen viel mehr Freiheiten geben, versprach Clarinval in der RTBF.
Bisher hätte man versucht, festzulegen, was erlaubt ist, so De Croo. Aber jetzt sei man an einem Moment angelangt, an dem man die Logik eigentlich umkehren muss: Nur noch festlegen, was verboten ist - alles andere ist dann erlaubt. Wenn man die allgemeinen Sicherheitsregeln beachte, dürfe man hoffentlich ab dem 8. Juni alles - außer ganz bestimmten Sachen. Das mache die Maßnahmen dann auch für die Bevölkerung nachvollziehbarer und logischer. Es sei aber zum Beispiel ganz klar, warnte De Croo, dass Massenveranstaltungen oder Sportevents mit Publikum weiterhin nicht möglich seien.
Vierer-Regel
Heiß erwartet wird eine Entscheidung des Nationalen Sicherheitsrates zur "Vierer-Regel" - also die Anzahl der offiziell erlaubten Kontakte. Man werde wahrscheinlich eine größere Flexibilität und eine deutlich größere Zahl erlaubter Kontakte beschließen, verkündete Clarinval. Man werde wohl auch deutlich größere Zusammenkünfte zulassen, beispielsweise zu zehnt ins Restaurant zu gehen und Ähnliches.
Das heiße aber natürlich nicht, dass damit Regeln wie der soziale Sicherheitsabstand oder die Maskenpflicht in bestimmten Bereichen aufgehoben würden, stellte Clarinval klar. Aber man habe festgestellt, dass die Belgier die Regeln gut befolgten, also gebe man ihnen mehr Freiheit.
Horeca-Sektor
Was den Horeca-Sektor angeht, verstehe er die Sorgen und Wünsche der Betriebe, so De Croo. Und er wisse natürlich, dass die Bilder aus Frankreich und den Niederlanden auch bei den Menschen hierzulande Begehrlichkeiten weckten. Aber man müsse natürlich zusehen, dass man ein Gleichgewicht finde zwischen den Vorkehrungen, die zum Schutz der Gesundheit getroffen werden müssten und dem, was aus wirtschaftlicher Sicht rentabel sei.
Deshalb habe man ein Paket an zeitlich begrenzten Unterstützungsmaßnahmen zusammengestellt. Dazu gehörten unter anderem die zeitweise Senkung der Mehrwertsteuer und eine Verlängerung des Rechts auf Überbrückungsgeld für diejenigen, die anfangs mit sehr geringen Umsätzen zu kämpfen hätten. Es sei nämlich nicht Sinn der Übung, dass Menschen in der Armut landeten, weil sie ihre Geschäfte wieder öffneten. Das gelte im Übrigen nicht nur für den Horeca-Bereich.
Auf die Frage, ob die Belgier dieses Jahr im Ausland Ferien machen könnten, gab De Croo zu bedenken, dass das nicht nur von der Regierung abhänge, sondern auch von den Bestimmungen im Zielland. Was aber Ferien hierzulande angehe, könne er sich schon vorstellen, dass sehr viel möglich sein werde. Auf der Agenda stehen auch viele Veranstaltungsfragen. Dazu gehören neben Gottesdiensten auch Sport-, Jugend und Not-for-Profit-Aktivitäten.
Darauf angesprochen, ob die Regierung denn die Möglichkeit vorsehe, im Extremfall das Land wieder stillzulegen, wählte der Finanzminister seine Worte mit großer Vorsicht. Man lerne zwar ständig Neues über das Virus, aber es könne passieren, dass man dennoch irgendwann vor einer Situation stehen werde, die anders sei als das, was man bisher kenne. Seine Botschaft: "Wir haben es in den eigenen Händen." Man habe es in den vergangenen Wochen zusammen gut geschafft, so solle es auch bitte weitergehen, wünschte sich De Croo.
Pressekonferenz auch im BRF
Nach dem Nationalen Sicherheitsrat gibt es wie immer eine Pressekonferenz, auf der die Beschlüsse mitgeteilt werden. Der BRF überträgt die Pressekonferenz live mit deutscher Simultanübersetzung im BRF-Fernsehen und hier im Netz auf BRF.be zu sehen. Wann die Pressekonferenz beginnen wird, steht noch nicht fest. Das hängt davon ab, wie lange die Beratungen dauern.
Boris Schmidt
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