Der Gesetzesvorschlag sieht im Wesentlichen drei Änderungen vor. Erstens: die komplette Straffreiheit der Abtreibung. Aus dem Strafgesetzbuch ist sie bereits 2018 gestrichen worden. Doch können die Frauen und Ärzte immer noch strafrechtlich belangt werden, wenn sie sich nicht an die bestehende Gesetzgebung halten. Zweitens: Die Verlängerung der Frist in der Abtreibung erlaubt ist von zwölf auf 18 Wochen. Und drittens: Die Verkürzung der Mindest-Bedenkzeit, bevor es zur Abtreibung kommt, von sechs auf zwei Tage.
Eine sogenannte progressive Mehrheit will diesen Text am Donnerstag so verabschieden: Sozialisten, Liberale, Grüne, Linke und Défi. Dagegen sind: Christdemokraten, N-VA und Vlaams Belang. Entweder lehnen sie den Text komplett ab oder nur gewisse Teile, wie beispielsweise die Christdemokraten.
Els van Hoof von der flämischen CD&V erklärt, dass ihre Partei auch für die Straffreiheit ist, aber bei der Zwölf-Wochen-Frist und den sechs Tagen Bedenkzeit bleiben will. Man werde am Donnerstag einen Abänderungsantrag einreichen, dass das 2018 geänderte Gesetz erst einmal bewertet wird und dass die Frauen eine bessere Begleitung und Beratung bekommen, erklärt van Hoof.
Mit ihren Abänderungsvorschlägen wollen die Christdemokraten erreichen, dass der Gesetzesvorschlag zum zweiten Mal vom Staatsrat geprüft wird. Das würde das Gesetzgebungsverfahren um mehrere Wochen verzögern.
Karin Jiroflée von den flämischen Sozialisten SP.A findet das nicht in Ordnung. Der Vorschlag sei bereits zweimal in der Kammerkommission lang und breit diskutiert und dort mit großer Mehrheit verabschiedet worden. "Das nennt sich nun mal Demokratie", sagt Jiroflée.
Damit das passiert brauchen die Gegner mindestens 50 Stimmen. Christdemokraten und N-VA kommen aber nur auf 41, das heißt, sie sind auf die Stimmen des rechtsextremen Vlaams Belang angewiesen. Dass manche Parteien deswegen den Cordon Sanitaire brechen würden, kritisierte dann auch die PS-Abgeordnete Eliane Tillieux, Autorin des Gesetzesvorschlags. Jeder Versuch die Reform zu verhindern, behindere das Rechte der Frauen über ihren Körper zu bestimmen.
Auch für Sophie Rohonyi von Défi, ebenfalls Befürworterin, geht es in erster Linie um die Frauen. In 97 Prozent der Fälle reicht die bisherige Zwölfwochenfrist. Doch für rund 500 Frauen nicht. Diese müssten dann für eine Abtreibung in die Niederlande fahren, falls sie ausreichend informiert sind und das nötige Geld haben. Da wäre es doch besser, das in Belgien, in ihrer Sprache und unter guten Bedingungen zu tun, so Rohonyi.
Catherine Fonck ist gegen eine Verlängerung der Frist auf 18 Wochen. Da sei der Fötus kein Zellhaufen mehr, sondern schon ein Minibaby, ein richtiges Lebewesen. Und auch für die Frau selbst sei ein so später Schwangerschaftsabbruch gefährlich und wegen möglicher Verletzungen der Gebärmutter auch riskant für spätere Schwangerschaften.
Die Défi-Abgeordnete Sophie Rohonyi findet hingegen das sei keine Fragen von ja oder nein, sondern eine der freien Wahl. Die Frauen machten es sowieso. Dann sollte es zumindest unter juristisch und medizinisch einwandfreien Bedingungen geschehen.
Volker Krings