Grundsätzlich gilt immer noch: Die Arbeit muss erledigt werden. Auch in den Betrieben, die das Prinzip des unbegrenzten Urlaubs anwenden, kann man sich nicht spontan für vier Wochen in die Ferien verabschieden. Das will im Kollegenkreis schon organisiert und abgesprochen sein. Ein Firmenchef sagte jetzt in der Zeitung Het Laatste Nieuws dazu: "Wir standen im August plötzlich vor dem Problem, dass alle zum Pukkelpop-Festival wollten - das ging natürlich nicht. Da mussten manche dann doch im Betrieb bleiben."
Firmen, die das Modell anwenden, erklären aus ihrer Erfahrung, dass es schon Mitarbeiter gibt, die das System ausnutzen und sich 40 Urlaubstage im Jahr gönnen. Im Schnitt seien es aber 26,5 Urlaubstage und damit sind wir eigentlich wieder auf einem üblichen Niveau. 20 Urlaubstage sind übrigens gesetzlich vorgeschrieben. Diese Urlaubstage muss ein Arbeitnehmer im Jahr erhalten.
Es gibt mehrere Gründe, warum Firmen überhaupt auf dieses Modell des unbegrenzten Urlaubs setzen. Zum einen spielt der Fachkräftemangel eine Rolle. Wenn eine Firma eine Fachkraft nicht über ein hohes Gehalt locken kann, dann vielleicht über mehr Freizeit und mehr Work-Life-Balance. Das sei es dann auch, was besonders junge Menschen forderten. Und da gilt zum zweiten, dass zufriedene Arbeitnehmer auch produktivere Arbeitnehmer sind. Es sorgt halt für weniger Stress, wenn man weiß, dass man auch mal einen Tag nicht zur Arbeit gehen muss, etwa wenn gerade etwas Unvorhergesehenes passiert - das Kind krank ist oder das Auto streikt.
Trotzdem gibt es Arbeitswissenschaftler, die das System kritisieren, vor allem wegen des sozialen Drucks, der davon ausgeht. Es klingt ja schön, wenn man sich freinehmen kann, wann man will. Auf der anderen Seite wird man so sicher nicht der beliebteste Kollege, wenn man sich öfters mal nicht im Betrieb blicken lässt und die anderen arbeiten lässt. Umgekehrt gilt, dass einzelne womöglich zu viel arbeiten, eben weil sie befürchten, die Kollegen könnten es einem übel nehmen, dass sie sich einen freien Tag gönnen.
Urlaub so viel man will, bleibt also doch eine Traumvorstellung. Ohnehin gibt es anscheinend nur sehr wenige Unternehmen, die sich darauf einlassen würden. Das sagt der Personaldienstleister SD Worx. Denn schließlich gibt man so die Kontrolle über die Arbeitszeit komplett auf - und das geht den allermeisten Firmenchefs dann doch zu weit.
hln/morgen/okr