Es ist ein Geständnis, mit dem man eigentlich nicht mehr gerechnet hatte. Viel zu lange hatte König Albert II. ja schon geleugnet, was eigentlich kaum zu leugnen war. Die Bombe war eigentlich schon im Oktober 1999 geplatzt. Ein junger flämischer Historiker hatte damals ein Enthüllungsbuch veröffentlicht, in dem er ein Geheimnis lüftete: König Albert habe eine uneheliche Tochter. So geheim war das offensichtlich gar nicht. Nur war es damals noch üblich, dass Privates über Menschen des öffentlichen Lebens nicht an die Öffentlichkeit gelangte, wenn die das nicht ausdrücklich wollten.
Doch dann stand also die Meldung im Raum - und Delphine Boël im Rampenlicht. König Albert hat sich nie direkt dazu geäußert, aber indirekt. Im selben Jahr räumte er in seiner Weihnachtsansprache ein, dass seine Ehe mit Königin Paola eine Krise durchlaufen habe. Diese Probleme gehörten aber der Vergangenheit an. "Schwamm drüber", stand da zwischen den Zeilen.
Erstmal blieb es auch dabei... bis 2013. 14 Jahre nach Bekanntwerden der Geschichte reicht Delphine Boël dann doch eine Vaterschaftsklage ein. Sie will durch ein Gericht offiziell feststellen lassen, dass Albert II. ihr Vater ist. Warum plötzlich dieser Schritt? Ihre Rechtsbeistände haben es immer daran festgemacht, dass Delphine Boël inzwischen selbst Kinder hatte. Das habe dazu geführt, dass sie erst recht an der Tatsache geknabbert habe, dass ihr leiblicher Vater sie plötzlich verleugnete.
Denn, das war nicht immer so. Es gibt Bilder, auf denen eine traute Dreisamkeit zu sehen ist: Albert, damals noch Prinz, zusammen mit Baronin Sybille de Sélys Longchamps, mit der er jahrelang eine außereheliche Beziehung hatte, und die kleine Delphine. Es ist schlichtweg undenkbar, dass Albert nicht gewusst haben soll, wer Delphine wirklich war. 1993, als er König wurde, brach er jeglichen Kontakt ab.
Naja, Delphine jedenfalls will's wissen. Erster Schritt: Sie lässt offiziell feststellen, dass der Mann, dessen Nachnamen sie trägt, dass dieser Jacques Boël nicht ihr Vater ist. Erst dann wäre der Weg frei für die eigentliche Vaterschaftsklage. Die Anwälte des Königs legen ihr aber alle Steine in den Weg, die der Rechtsstaat hergibt.
Kurz gerafft: Im Oktober 2018 fällt der Brüsseler Appellationshof das wohl entscheidende Urteil: König Albert muss sich einem Gentest unterziehen. Das macht er auch, widerwillig freilich. Es musste erst ein Zwangsgeld angedroht werden. Weil die Anwälte des Königs aber erneut Rechtsmittel eingelegt hatten, blieb der Gentest erstmal unter Verschluss. Im vergangenen Dezember hatte der Kassationshof dann aber einen Revisionsantrag verworfen. Das bedeutet in der Praxis, dass dem Vaterschaftstest nichts mehr im Wege stand. Zwar hätten die Anwälte von Delphine Boël nun auch die Herausgabe der Ergebnisse wieder einklagen müssen, so weit kam es dann aber nicht.
Flucht nach vorn
Das Ergebnis des Gentests liegt offensichtlich seit Montag vor. Vielleicht hat der König ja befürchtet, dass der Befund in der Presse landete. Jedenfalls entschloss er sich, per Kommuniqué ein Geständnis abzulegen. Den wichtigsten Passus, den hat sein Anwalt, Alain Berenboom, in der RTBF noch einmal wiederholt: Der König räumt ein, dass Delphine Boël seine Tochter ist. Und er werde das auch nicht mehr juristisch anfechten.
Delphine Boël werde damit also zum vierten Kind von König Albert dem Zweiten. Ein Gericht muss das zwar noch formal festhalten, die Fakten wurden damit aber schon geschaffen.
Nicht weniger, aber auch nicht mehr. In dem ziemlich unterkühlt gehaltenen Kommuniqué betont der König auch, dass er sich nur auf den biologischen Aspekt der Vaterschaft beziehe. Es habe aber nie eine wirkliche Vater-Tochter-Beziehung existiert.
Dennoch: Es sieht so aus, als sei für Delphine Boël das Ende der juristischen Odyssee in Sicht. Wenn sie zum "vierten Kind" des Königs wird, dann sagt das doch eigentlich, was es sagt. "Naja, nicht ganz", wenden Verfassungsrechtler in verschiedenen Zeitungen ein. Den Titel "Prinzessin" könne sie wohl nicht beanspruchen, noch weniger entstünden irgendwelche Ansprüche auf den Thron. Vielleicht könne sie den Nachnamen "von Sachsen-Coburg" annehmen. Als Erbin allerdings komme sie in jedem Fall in Betracht.
"Das war aber nie das Ziel", sagte ihr Anwalt, Marc Uyttendaele, in der RTBF. Mal ehrlich: Wenn's seiner Mandantin ums Geld gegangen wäre, dann wäre sie bei Jacques Boël bestens aufgehoben gewesen - der sei nämlich vermögender als der König. Seiner Mandantin sei es einzig um den emotionalen Aspekt gegangen, die Suche nach der eigenen Identität. Sie wollte den Zustand der Verweigerung, der Ausgrenzung, beenden.
Roger Pint
Nicht ums Geld ? Nur ums Geld. Die Klage kam nämlich erst als ihr gesetzlicher Vater sie enterbte. Vorher hatte sie keinerlei Ambitionen und einen Vater brauchte sie schon lange nicht mehr, jedenfalls keinen, der bis zu ihrenm Erwachsenenalter keinerlei Rolle gespielt hatte. Und wieso gehört sie jetzt überhaupt zur Königsfamilie ? Zählt ein gesetzlicher Vater (Adoption) nicht mehr als der biologische ?
Nun, die Enterbung war Voraussetzung für eine erfolgreiche Klage gegen ihren biologischen Vater, sonst wäre dieser nämlich stets der rechtliche Vater im Wege gestanden.
Ihr ehemaliger rechtlicher Vater hat sie auch nicht adoptiert, sondern war mit der Mutter zum Zeitpunkt der Geburt verheiratet, und das ergibt eine recht starke rechtliche Fiktion der Vaterschaft - solange, bis jemand diese ausdrücklich angreift.
Nun ich denke, dass jeder Mann, ganz gleich welche gesellschaftliche Position, Beruf, Amt "Er" inne hat, zu seinen von "IHM" gezeugten Kindern stehen sollte.
Grundsaetzlich stehe ich dazu , dass im Falle einer bestehenden Ehe, ausserehelicher Sexualverkehr, wann , wo oder unter welchen Umstaenden auch immer unanstaendig ist, wohl aber vorkommen kann , wenn denn ploetzlich die
Hormone verrueckt spielen.
Was aber koennen die aus solch einer "Sexualbeziehung" entstandenen Kinder dafuer -> NICHTS ! Ich denke sehrwohl , dass hier Albert II sehr gut angestanden haette, die Charakterstaerke zu besitzen, zu diesen seinem Seitensprung bzw.
von Ihm gezeuten Kind zu stehen unabhaengig davon "WER" nun durch die Bestimmungen des BGB / Eherecht , als gesetzlicher Vater eingetragen ist.
Es ist traurig dass ein König mit Vorbildfunktion sich so klein verhält et das seit Jahren ! Man konnte die Kommentare dazu aus allen Ecken des Landes in den Zeitschriften lesen ; fremdschämen fällt mir dazu ein, sicher nach dem Urteil jetzt !! Der "neuen Tochter " wünsche ich endlich Frieden et freue mich für sie !!
Erfreulich ist zumindest, dass der Rechtsstaat in diesem Fall funktioniert hat und niemand über dem Gesetz steht, auch nicht der (Ex-)König!
"...niemand über dem Gesetz steht, auch nicht der (Ex-)König!"
Nun ja, das ist nicht ganz richtig. Zwar ist Albert II. seit seiner Abdankung nur mehr eine Privatperson und kann deshalb sowohl zivil- als auch strafrechtlich belangt werden wie jeder andere Bürger auch.
Aber der regierende König genießt laut Artikel 88 absolute Immunität: "Die Person des Königs ist unverletzlich; seine Minister sind verantwortlich."
Laut dem Verfassungsrechtler Francis Delperée gilt das nicht nur für seine Handlungen als Staatsoberhaupt, sondern auch für den privaten Bereich.
Immer laut Delperée gilt das nicht nur für Monarchien. Auch die Verfassung der französischen Republik kennt eine ähnliche Bestimmung: "Le président de la République n'est responsable que dans le cas de haute trahison."
In Deutschland ist das weniger streng geregelt: "Der Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland genießt [...] politische Immunität im Inland. Er darf nur dann verfolgt werden, wenn der Bundestag mit Mehrheitsbeschluss entscheidet, die Immunität aufzuheben." (Wikipedia)