Viel war nicht aus dem Außenminister herauszuholen. So sehr sich die beiden RTBF-Journalisten auch bemühten: Im Grunde liefen alle Äußerungen von Goffin auf die eine Quintessenz hinaus, die Goffin schon in seiner ersten Antwort wie folgt formulierte: "Die Situation ist angespannt. Weshalb sich unser Land natürlich Sorgen macht mit Blick auf all das, was sich in der Region dort abspielt. Die Stimme der Diplomatie muss wieder die Oberhand gewinnen. Die Ereignisse, die sich da gerade täglich immer weiter hochschaukeln, sind ein schlechtes Zeichen. Die Verantwortung von Belgien, wie übrigens auch anderer europäischer Länder ist es, dieses Hochschaukeln zu stoppen."
Sorgen macht sich Goffin also durchaus, versucht aber auch nicht, Panik zu verbreiten. Ja, Belgien habe keine Botschaft im Irak, bestätigte er die Beobachtung der Journalisten. Die Betreuung der rund 100 belgischen Zivilisten, die sich zurzeit im Irak aufhalten, würde von der belgischen Botschaft in Jordanien aus koordiniert. Aber zurzeit gebe es auch keinen Anlass, sich allzu große Sorgen um sie zu machen.
Goffin rät den Belgiern allerdings dringend, sich ruhig zu verhalten, zum Beispiel an keinen öffentlichen Kundgebungen teilzunehmen. Von eventuellen Bemühungen seitens des Staates, die Evakuierung dieser Menschen zu starten, sagte Goffin nichts.
Bedrohung für belgische Mission
Auch für die belgische Mission im Rahmen der internationalen Koalition gegen die Terrormiliz Islamischer Staat sieht der MR-Politiker keine Bedrohung. Zwar sei es richtig, dass das irakische Parlament eine Resolution abgestimmt habe, die den Abzug der ausländischen Truppen aus dem Irak vorsieht. Das hänge als Warnung in der Luft. Aber Pläne für einen konkreten Abzug? "Die Frage stellt sich zurzeit nicht", sagte Goffin erneut. "Das Parlament hat dazu eine Resolution beschlossen. Das ist eine Einladung an die Regierung, die zurzeit nur geschäftsführend im Amt ist, sich mit dieser Frage zu beschäftigen. Aber ein konkretes Problem stellt sich noch nicht."
Auch von einer Verunsicherung innerhalb der Anti-Terrorkoalition will Goffin nichts wissen. "Zurzeit ist die Lage noch unter Kontrolle. Wir werden permanent informiert über die aktuellen Zustände. Die Anti-IS-Koalition besteht weiter", betonte Goffin.
Dann kam die Sprache noch auf den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat, den Belgien im Monat Februar turnusgemäß ausüben wird. Möglicherweise wird der Konflikt zwischen dem Iran und den USA bis dahin weiter bestehen. Wie Belgien denn die Sache da bei der UN angehen wolle, wurde Goffin gefragt. Die Antwort des Ministers war die bekannte. Er sagte: "Leider beherrschen zurzeit Beleidigungen und Aktionen, die von beiden Seiten ausgehen, die Szenerie. Das muss jetzt aufhören. Man muss auf den Weg der Diplomatie, auf den Weg des Dialogs zurückkehren. Das ist die Botschaft, die wir bei den Vereinten Nationen ausgeben müssen. Außerdem müssen wir die Kontakte weiter aufrechterhalten, um die Eskalation zu stoppen, die wir in den vergangenen Tagen beobachtet haben."
Auch wenn er nur vorübergehend Außenminister ist: Goffin nutzt die aktuelle Krise in der Golfregion, um sich als besonnener Politiker zu beweisen. Mit seinen Äußerungen stellt er sich in die belgische Tradition, bei internationalen Konflikten als Vermittler bereit zu stehen. Den Dialog der Eskalation vorzuziehen.
Kay Wagner