Der Schlussverkauf sowohl im Sommer als auch im Winter ist in Belgien noch klar geregelt. Damit gehört Belgien mittlerweile zu einer Minderheit in Europa. Nur noch knapp ein Dutzend europäischer Länder schreibt den Geschäften klar vor, wann und wie lange sie Preisnachlässe auf Reststücke geben dürfen.
Für Christine Matteheeuws ist das auch gut so. Sie ist die Vorsitzende des Verbands für unabhängige Unternehmer, SNI. Sie vertritt viele Einzelhändler. Für diese bleibe der Schlussverkauf grundsätzlich wichtig, sagt Mattheeuws gegenüber der RTBF. "Man darf nicht vergessen, dass die Händler wirklich die ganze Winterkollektion verkaufen müssen. Um Platz zu schaffen für die neue Kollektion. Und das nicht nur im physischen Sinne. Sie brauchen auch das Geld, um die neue Kollektion kaufen zu können."
Zu verkaufen gibt es dieses Jahr noch viel. Der relativ milde Winter hat dazu geführt, dass die meisten Händler bislang noch auf vielen Wintersachen sitzengeblieben sind. Preisnachlässe von 30 Prozent schon zu Beginn des Schlussverkaufs dürften eher die Regel als die Ausnahme sein, um einen zusätzlichen Anreiz zu schaffen, die Ware zu kaufen.
Die Erwartungen der Händler an den Schlussverkauf sind eher gedämpft. Insgesamt rechnet die Bekleidungsbranche mit einem Umsatzrückgang von 2,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Arbeitgeberverbandes Unizo.
Jetzt hoffen viele Händler, dass der Winter doch noch kommt - das könnte den Winterschlussverkauf noch einmal deutlich ankurbeln.
Rabatte unter der Hand
Einige Geschäfte haben aber erst gar nicht bis zum Schlussverkauf gewartet, um Waren zu Rabattpreisen loszuwerden. Offiziell darf damit zwar vor dem Schlussverkauf nicht geworben werden. Aber die Kunden wissen das sowieso, sagt Verkäufer Andy Naets der VRT. Die Leute fragen dann von sich aus, ob es nicht einen Preisnachlass geben kann.
Dass es schon vor dem offiziellen Beginn des Schlussverkaufs quasi unter der Hand Rabatte für Kunden gibt, hat sich mittlerweile auch bis zum föderalen Wirtschaftsministerium herumgesprochen. Dort wird dieser Trend nicht verurteilt. Ganz im Gegenteil: "Wir haben die Idee, die Sperrfrist für Rabatte vor dem Schlussverkauf abzuschaffen", sagt Wirtschaftsministerin Nathalie Muylle von der CD&V ganz offen. Und erklärt: "Es handelt sich dabei um die 30 Tage vor dem Schlussverkauf im Juli und Januar. Warum wollen wir das machen? Nun, wir stellen fest, dass heute schon die Abgrenzung zum Schlussverkauf sehr dünn geworden ist. Schon jetzt gibt es vor dem eigentlichen Schlussverkauf viele Preisnachlässe."
Diese Idee der Ministerin stößt bei den Einzelhändlern allerdings auf wenig Gegenliebe. Verbandspräsidentin Mattheeuws weist darauf hin, dass es sowieso schon in den vergangenen Jahren immer mehr Aktionen außerhalb der Schlussverkaufszeiten gab, an denen Rabatte angeboten wurden. Diese Aktionen, wie zum Beispiel auch der Black Friday, hätten durchaus negative Auswirkungen auf die Händler.
Denn um wettbewerbsfähig zu bleiben mit den großen Ketten, müssten die Einzelhändler quasi gezwungenermaßen an den Rabattaktionen teilnehmen. Die Zeit, in der die Waren einfach nur zum Normalpreis angeboten werden könnte, werde immer kürzer. Dadurch gingen den Einzelhändlern Einnahmen verloren.
Nachdrücklich bestätigt das Verkäuferin Tamara Hannes. Sollte sich die Wirtschaftsministerin mit ihrer Idee durchsetzen, die Sperrfrist für Preisnachlässe vor dem Schlussverkauf aufzuheben, "dann wird es immer schwieriger, den Kopf über Wasser zu halten und zu konkurrieren mit den großen Schwergewichten unserer Branche", sagt Hannes.
Weshalb das Urteil der Einzelhändler zu den Überlegungen der Wirtschaftsministerin ganz deutlich ausfällt. Und sich in den Worten von Verbandspräsidentin Christine Mattheeuws wie folgt anhört: "Zu viel ist zu viel. Man muss sich alle Angebote wirklich unbedingt für den Schlussverkauf aufheben. Und vor dem Schlussverkauf: keine Preisnachlässe."
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