Lüttich, Problemviertel Bressoux/Droixhe - dass dort etwas passieren könnte, war der Polizei schon zuvor bekannt. Auf sozialen Medien war dazu aufgerufen worden, sich in dem Viertel am Silvesterabend zur Randale zu versammeln. Die Polizei war also auch vor Ort, hatte aber nicht mit dem gerechnet, was dann passierte. Zwischen 20 Uhr und ein Uhr morgens zogen rund 60 junge Menschen durch die Straßen, randalierten, zerschlugen Fensterscheiben und griffen sogar die Ordnungshüter an. Aber nicht nur sie.
Ein Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma berichtet: "Wir wollten einfach nur die Absperrgitter wieder aufstellen, die zuvor umgeworfen worden waren, um den Ort hier zu sichern. Aber letztlich sind wir dann den ganzen Abend lang beworfen worden. Wir haben uns ins Gebäude zurückgezogen. Leitern wurden von Transportern gestohlen, die Fensterscheiben alle zertrümmert. Die ganze Straße war hilflos, es herrschte Chaos. Ich habe mich wie im Krieg hier gefühlt."
Drei Straßenzüge blieben in der Hand der Randalierer. 40 Polizisten versuchten, das Chaos in Grenzen zu halten. Festgenommen wurde am Abend nur eine Person. Die restlichen Krawallmacher will die Polizei nach Auswertung von Filmaufnahmen identifizieren und zur Verantwortung ziehen.
Antwerpen
In Antwerpen blieb eine solche Rudelbildung von gewaltbereiten Bürgern aus. Aber auch hier gab es zerbrochene Fensterscheiben, brannten Autos, Papierkörbe und ein Wettbüro, wurde ein Bushaltestelle zertrümmert. Die Polizei nahm 30 Personen fest.
Polizeisprecher Sven Lommaert beklagte gegenüber der VRT: "Wir müssen feststellen, dass sich mit den Jahren die Atmosphäre verschlechtert hat in bestimmten Vierteln. Es werden immer öfter Feuerwerkskörper benutzt, anstatt wie früher einfach nur Knaller. Aus unserer Sicht ist das eine negative Entwicklung. Zumal eigentlich allgemein bekannt sein sollte, dass Feuerwerkskörper verboten sind."
Brüssel
Dass es auch in Brüssel dieses Jahr nicht großflächig zu Szenen wie in Lüttich gekommen ist, ist dem Lernprozess der Brüsseler Polizei zu verdanken. Anders als vergangenes Jahr in Molenbeek organisierte sie sich schon im Vorfeld so, dass sie mit starker Präsenz in den vermeintlichen Unruhevierteln auftrat.
Den Vandalismus ganz verhindern konnte die Polizei aber auch dieses Jahr nicht. Polizeisprecher Olivier Slosse fasst die Vorfälle der Nacht wie folgt zusammen: "Es hat vorsätzlich gelegte Brände gegeben", sagt er. "Manchmal zwar nur Abfallkartons. Aber auch ein Auto, das man angezündet hat. Dieser Wille, etwas anzuzünden, äußerst sich augenscheinlich besonders in der Silvesternacht."
Grundsätzlich zieht die Polizei in Brüssel dieses Jahr eine positive Bilanz der Silvesternacht, besonders im Vergleich zum vergangenen Jahr. Zwar gab es auch dieses Jahr wieder mehr als 200 Festnahmen, brannten Autos und gingen Scheiben zu Bruch, "aber die großen Veranstaltungen haben reibungslos verlaufen können", freut sich Polizeisprecher Slosse.
Was seiner Meinung auch daran liegen könnte, dass die sechs Brüsseler Polizeizonen dieses Jahr gemeinsam mit der Föderalpolizei zusammengearbeitet haben und eine gemeinsame Einsatzzentrale eingerichtet worden war. "Diese gemeinschaftliche Struktur", so Slosse, "ist ein guter Ausgangspunkt für die Zukunft. Wir werden diese Zusammenarbeit analysieren, um zu entscheiden, ob man im nächsten Jahr noch weiter gehen oder vielleicht auch etwas anders machen kann."
Kay Wagner