"Totaler Quatsch! Hier wurde Geld zum Fenster rausgeschaufelt". Klare Worte in der RTBF von Samuel Cogolati. Anlass für den Ärger des Ecolo-Abgeordneten ist eine doch ziemlich abstruse Geschichte, die sich bei den Streitkräften abspielt.
Im Mittelpunkt steht der Pandur. Das ist ein Radpanzer aus der Produktion des österreichischen Herstellers Steyr. Vor über 20 Jahren hatte die belgische Armee diese Fahrzeuge angekauft. Die Pandurs sind also inzwischen in die Jahre gekommen. "Höchste Zeit für eine Modernisierung", hat man sich da wohl gesagt. 44 Panzer wurden also einem "Upgrade" unterzogen. Kostenpunkt: 31 Millionen Euro. Unter anderem wurde die Panzerung verstärkt. Außerdem sind die Fahrzeuge jetzt mit einer Klimaanlage ausgestattet.
Da gibt es nur ein Problem: Man hat dermaßen viel in die Panzer gepackt, dass es im Innenraum doch recht eng geworden ist. Naja, ziemlich eng sogar. Die Soldaten können sich kaum noch bewegen. Vier der maximal fünf Besatzungsmitglieder dürfen eigentlich nicht größer als 1,70 Meter sein. Der Fahrer hat das Steuerrad jetzt zwischen den Knien. Nicht nur, dass er dann nicht mehr so gut lenken kann, er kann auch nur noch schwer die Pedale bedienen. Das bestätigte auch Yves Huwart von der Armeegewerkschaft CGPM in der VRT: Ein Fortschritt sähe wohl anders aus.
Was besonders hirnrissig ist, sagt der Ecolo-Parlamentarier Samuel Cogolati: "Der damalige N-VA-Verteidigungsminister Steven Vandeput hat beschlossen, 31 Millionen Euro in ein Panzerfahrzeug zu stecken, dass sich nie wirklich als effizient erwiesen hat.
Mehr noch: Die Pandurs seien erwiesenermaßen gefährlich. 2007 seien drei Soldaten an Bord eines solchen Fahrzeugs ums Leben gekommen. Das war im Libanon. Ein Pandur wurde in einen Unfall verwickelt, weil die Bremsen versagt hatten. Drei Soldaten starben. Seither trägt der Pandur in Belgien den Beinamen "fahrender Sarg".
Zwei Jahre später war ein Pandur in Belgien auf dem Dach gelandet, weil er ins Schleudern geraten war. Auch hier wurde das Fahrzeug an sich für das Unglück verantwortlich gemacht. Insgesamt gelten die Panzer als sehr pannenanfällig. In der Regel sei nur ein Drittel der Flotte einsatzbereit.
"Und jetzt steckt man doch nochmal 31 Millionen in die Radpanzer? Unsinn!", wettert Samuel Cogolati. Mit dem Resultat, dass die Panzer jetzt als "unbrauchbar" eingestuft werden, sagt der Kammerabgeordnete. Das gehe zumindest aus internen Dokumenten hervor. 31 Millionen Euro, um Fahrzeuge, die ohnehin schon als Sorgenkinder galten, um die gänzlich unbrauchbar zu machen. Das ist schon ein dicker Hund.
Die Armeeführung wollte sich bislang noch nicht zu den Vorwürfen äußern. Wie die VRT berichtet, soll es intern einen Lösungsansatz geben: Man müsse ganz einfach kleinere Fahrer rekrutieren.
"Hier wird die Welt doch auf den Kopf gestellt", sagt kopfschüttelnd Gewerkschafter Yves Huwart. Normalerweise sollte sich doch das Material dem Menschen anpassen, und nicht umgekehrt.
Die Geschichte ist jedenfalls absurd genug, um sie ins Parlament zu tragen. Ecolo will jedenfalls den neuen Verteidigungsminister Philippe Goffin im zuständigen Ausschuss dazu befragen. Außerdem werde man eine Prüfung durch die Finanzinspektion beantragen, sagt Samuel Cogolati. Wenn öffentliche Gelder in Höhe von 31 Millionen Euro durchs Fenster geworfen werden, dann müsse man hier auch die Verantwortlichkeiten klären.
Roger Pint
Lieber Roger Pint,
da sind Sie aber arg ungerecht gegenüber den belgischen Streitkräften, die ja immerhin ihren Ruf - auch gegenüber der Bundeswehr - zu verteidigen haben. Wenn es um Murks und Misswirtschaft geht, zeigen unsere Jungs (oder vielmehr die ahnungslosen Schreibtischtäter im Hintergrund) der Welt, wo der Hammer hängt! Ich sehe schon die Stellenausschreibung: « Panzerfahrer gesucht - Pygmäe bevorzugt. »
Aber Scherz beiseite: nur mit nicht funktionsfähigen Waffensystemen kann man dauerhaft Frieden schaffen! Ex-Verteidigungsminister Vandeput sollte wegen dieses inspirierenden Beispiels für den Nobelpreis vorgeschlagen werden.