"Ich bin sehr geehrt, dass der Verwaltungsrat mich zum Chief Executive Officer ernannt hat", so Guillaume Boutin Mittwochabend auf der Pressekonferenz. Der Posten des Proximus-Chefs ist der vorläufige Höhepunkt für den erst 45-jährigen Franzosen.
Boutin hat für sein Alter einen bemerkenswerten Lebenslauf vorzuweisen. Nach seinem Finanz- und Managementstudium in Paris gründete er mit Bekannten in New York das Internet-Start-Up "Instranet". Ein Unternehmen, das Datenbanklösungen für Call-Center anbietet, und das später für über 30 Millionen Dollar verkauft wird.
Zurück in Frankreich, startete Boutin seine Karriere im Bereich Telekommunikation und Medien. Zuerst zwölf Jahre beim Telekomanbieter SFR im Bereich Finanzen und Marketing, dann von 2015 an beim Sender Canal+.
2017 holt Dominique Leroy ihn dann zu Proximus. Dort entwickelt der Marketingexperte die neue Markenpositionierung "Think Possible" und die TV-Streaming-Plattform Pickx.
Als frischgebackener CEO hat Boutin aber noch einiges mehr vor. Er will aus Proximus Europas Nummer Eins im Bereich Digitalisierung machen. "Proximus soll Technologieanführer werden. Und dazu gehört der Ausbau des Glasfasernetzwerkes, des 5G-Netzes für mobiles Internet und die Beschleunigung in Sachen Digitalisierung", so Guillaume Boutin.
Kontinuität
Große Herausforderungen also. Nicht nur für Proximus, sondern für den gesamten Sektor. "Ich habe gelernt, was Proximus ausmacht, seinen Kern, seine Werte. Ich sehe die Herausforderungen, aber auch die Chancen." Den Vorteil hat der Franzose tatsächlich. Er kennt den Laden, braucht also weniger Einarbeitungszeit als jemand, der von außen ins Unternehmen kommt.
"Boutin steht für Kontinuität", so auch Verwaltungsratspräsident Stefaan De Clerck auf der Pressekonferenz. Boutin soll die angestoßenen Pläne von Dominique Leroy fortsetzen, die durch ihren abrupten Weggang im September auf Eis liegen.
Und da brennt derzeit gelinde gesagt die Hütte. Denn ein schweres Erbe von Leroy ist ihr Umstrukturierungsplan. 1.900 klassische Stellen sollen abgebaut und durch neue Stellen im Bereich Digitales ersetzt werden. Bei den Gewerkschaften sorgen solche Vorhaben naturgemäß für wenig Begeisterung. Sie haben den Plan verworfen.
Die Direktion will ihn trotzdem durchziehen, zumindest teilweise. Ein ungewöhnlicher Schritt. Die Folge: Vor dem Sitz von Proximus kam es am Mittwoch zu einer Protestaktion. Verwaltungsratspräsident Stefaan De Clerck wurde der Einlass verwehrt. Es gab Rücktrittsforderungen und die lautstarke Bitte nach mehr Menschlichkeit und Vertrauen ins Personal.
Nun geht es weiter mit den Verhandlungen, um im noch offenen Teil des Umstrukturierungsplans zu einer Lösung zu kommen.
Die Gewerkschaften bleiben auf ihrer Position, erklärt Bart Neyens von der sozialistischen Gewerkschaft. Man komme auf Einladung des Managements wieder zurück an den Verhandlungstisch, und man sei auch offen, aber als erstes werde man über die Entlassungen sprechen. Und die müssten auf null reduziert werden.
Volker Krings