In Belgien werden 90 Prozent des Bildungshaushaltes für Personalkosten ausgeben. Das ist deutlich mehr als in den anderen europäischen Ländern. Doch bevor man das bewertet, muss man sagen, dass der OECD-Bericht Belgien im Allgemeinen als Ganzes betrachtet, trotz der unterschiedlichen Bildungssysteme in den drei Gemeinschaften des Landes. Unterricht ist ja Gemeinschaftsmaterie.
Im internationalen Vergleich gibt Belgien überdurchschnittlich viel Geld für Bildung aus, sowohl in der Pflichtschulbildung als auch in der Hochschulbildung. Die OECD kommt daher zum Schluss, dass unsere Lehrer gut bezahlt werden. Belgien liegt unter den untersuchten Ländern an fünfter Stelle, was die Lehrergehälter anbelangt. Nur die Schweiz, Österreich, Deutschland und Slowenien gehen uns voraus.
Die Anzahl der Stunden, die unsere Lehrer vor der Klasse stehen, ist mit 700 Stunden pro Jahr jedoch unterdurchschnittlich, sagt der OECD-Bericht. Die Anzahl der Stunden in der Klasse nimmt mit zunehmendem Alter der Schüler zudem ab. Der OECD-Bildungsexperte Marc Van Damme ist daher der Ansicht, dass die Klassen größer sein sollten und dass die Lehrer mehr Stunden unterrichten sollten. Das hat bereits für eine kritische Reaktion von Seiten der christlichen Lehrergewerkschaft in Flandern gesorgt. Sie bedauert, dass so "erneut der Eindruck entsteht, ein Lehrer arbeite zu wenig für den Lohn, den er erhält".
Die Gewerkschaft erinnert an die jüngste Studie, die die flämische Bildungsministerin Hilde Crevits auf Ersuchen der Sozialpartner in Auftrag gegeben hatte. Laut dieser Studie arbeiten die Lehrer durchschnittlich 41 Stunden und 30 Minuten pro Woche, gerechnet über ein ganzes Kalenderjahr (einschließlich der Ferienzeiten). Das heißt: nicht nur in der Schule, sondern auch abends, am Wochenende und in den Schulferien zu Hause.
Die Gewerkschaft bewertet die von der OECD angegebenen Zahlen als irreführend. Die hier als Durchschnittswerte angegebene Realität entspreche nicht der Realität der täglichen Arbeit. Das Fazit der Generalsekretärin der christlichen Lehrergewerkschaft Marianne Coopman lautet wir folgt: "Um die Zukunft zu verbessern, brauchen wir eine differenziertere Debatte".
Die OECD-Studie gibt auch Einblicke in Lohnunterschiede und Beschäftigungschancen von Absolventen. Demnach führt ein höheres Diplom zu einer höheren Beschäftigungschance in Belgien, was nicht für alle OECD-Mitgliedstaaten gilt. Von den 25- bis 34-Jährigen mit einem Bachelordiplom arbeiten etwa 85 Prozent. Bei einem Master-Abschluss sind es fast 90 Prozent und für Doktoranden noch einige Prozentpunkte mehr.
Interessant ist, dass der Lohnunterschied zwischen einer Person mit einem Mittelschuldiplom und einer Person mit einem Master-Abschluss in Belgien bemerkenswert gering ist. In Ländern wie den USA und Frankreich verdient jemand mit einem Master-Abschluss leicht das Doppelte. In Belgien ist das eher auf die Hälfte mehr begrenzt.
belga/mz