Der Schulbeginn ist traditionell fast immer mit einigen Veränderungen im Unterrichtswesen verbunden. In der Deutschsprachigen Gemeinschaft hat die Regierung 36 Maßnahmen und Neuerungen verabschiedet, zum Beispiel die Anerkennung von Dienstjahren, die Kindergärtner in Primarschulen leisten, aufgrund des dortigen Lehrermangels.
Zu wenig Lehrer, ein Problem, das man auch in den anderen Gemeinschaften kennt. In der Französischen Gemeinschaft geht die Umsetzung des Exzellenzpaktes in die letzte Runde, und in Flandern schreitet die Digitalisierung der Schulen voran.
Gute Nachricht
Eine gute Nachricht kommt aus der Französischen Gemeinschaft: Noch nie war dort der Lehrerberuf bei jungen Menschen so beliebt wie heute. In den letzten zehn Jahren ist die Zahl derjenigen, die einer pädagogischen Ausbildung folgen, gestiegen, und zwar von 15.000 auf 17.500 - eine Steigerung von 16 Prozent.
Beliebt ist vor allem die Ausbildung für die oberen Sekundarstufen, die sogenannte Agrégation. Doch auch der Bachelor für Primarschulen und die unteren Sekundarstufen erfreuen sich großer Beliebtheit. Lediglich bei den Kindergärtnern gehen die Zahlen nach unten.
Dieser Boom widerspricht eigentlich dem oft beklagten Lehrermangel. Doch der liegt nicht an einem fehlenden Angebot an willigen Lehrkräften, derer gibt es nämlich genug, sondern an den Arbeitsbedingungen. Denn fast jeder zweite Lehrer verlässt das Unterrichtswesen bereits nach den ersten fünf Jahren.
Der Exzellenzpakt, den die Französische Gemeinschaft zu Beginn der letzten Legislatur angestoßen hat, soll da helfen. Die Reformen gehen in diesem Schuljahr in ihre letzte Etappe. Und nicht alle sorgen für Begeisterung. Zehn Maßnahmen sollen dieses Jahr umgesetzt werden. Zum Beispiel ist das Schulmaterial in den Kindergärten ab diesem Jahr kostenlos.
Außerdem stellt die Französische Gemeinschaft 170 Logopäden ein. Sie sollen schon im Kindergarten Lernschwierigkeiten entdecken. Weitere Neuigkeit: Lernziele werden in einem Vertrag zwischen Ministerium und Schule schriftlich festgelegt und deren Einhaltung von Inspektoren überwacht. Aber nicht mehr regelmäßig wie bisher, sondern nur dann, wenn tatsächlich Probleme auftauchen.
Eine andere Maßnahme sorgt unterdessen für einige Diskussionen in den wallonischen Lehrerzimmern. Alle Aufgaben der Lehrer sind in fünf Kategorien unterteilt: Die Arbeit in den Klassen, die Vorbereitungszeit, Weiterbildungen, die Gemeinschaftsaufgaben und zu guter Letzt, der Dienst an Schule und Schülern. Der ist nicht unproblematisch. Denn viele Lehrer befürchten, dass bislang freiwillige Aufgaben, wie die Hilfe bei der Stundenplanerstellung, auf Schulfesten und die Teilnahme an Klassenfahrten in Zukunft verpflichtend werden könnten.
Reformen in Flandern stocken
Während man im südlichen Landesteil am Exzellenzpakt feilt, sind die Reformen in Flandern ins Stocken geraten. Der sogenannte modernisierte Sekundarunterricht, vor zehn Jahren angekündigt, ist bislang nicht der große Wurf geworden. Ursprünglich sollte der Übergang zwischen allgemeinbildendem, technischem und beruflichem Unterricht erleichtert werden. Doch daraus wurde bislang nichts. Trotzdem bleibt eine breite Basisausbildung das Ziel in Flandern.
In Flandern sind die wichtigsten Neuerungen die neuen Abschlussziele für die erste Stufe des Sekundarunterrichts. Das Flämische Parlament hat die Mindestziele bestimmt, die die Schüler erreichen müssen, um das Jahr zu bestehen. Ob allerdings alle flämischen Schulen darauf vorbereitet sind, bleibt abzuwarten.
Auch die Einschreibungsregeln treten ab Montag in Kraft. Sie gelten allerdings erst ab dem nächsten Schuljahr. Schulen, die Schüler aufgrund ihrer mangelnden Eignung abweisen wollen, sind verpflichtet, ein digitales Einschreibungssystem zu nutzen. Mit einem Standardalgorithmus werden die Schüler dann per Zufall den Schulen zugewiesen.
Unterdessen geht an den flämischen Schulen die Digitalisierung voran. Die Zahl der Laptops in den Sekundarschulen steigt von Jahr zu Jahr. Experten sagen: Es ist wichtig, dass die Schulen auf Digitalisierung setzen, aber das bringt auch Schwierigkeiten mit sich. Erstens können manche Eltern es sich nicht leisten und zweitens gibt es immer noch nicht ausreichend didaktisches Material, wie auf den Schüler angepasste Lehrpläne. Nur Stift und Papier durch einen Laptop zu ersetzen reiche nicht, so die Experten.
Etwas, was sowohl in Flandern als auch in der Wallonie zu sehen ist, das ist die Zahl der Verkehrsunfälle auf dem Schulweg. An jedem Schultag sind 17 Kinder in einen Verkehrsunfall verwickelt. Während die Tempo-30-Bereiche unmittelbar vor den Schulen bereits relativ sicher sind, passieren noch viel zu viele Unfälle außerhalb. Drei Viertel der Unfälle mit Kindern passieren in einem Umkreis von 300 Metern. Die drei häufigsten Ursachen: Schüler überqueren die Straße zwischen zwei parkenden Fahrzeugen, laufen ohne zu schauen auf die Straße oder die Autofahrer sind zu schnell unterwegs.
Ostbelgien
Auch in Ostbelgien beginnt für die meisten Kinder und Jugendlichen wieder der Unterricht. Bildungsminister Harald Mollers wird aus diesem Anlass drei Schulen besuchen: die Städtische Grundschule in St.Vith, die Gemeindeschule in Rocherath sowie die Gemeindeschule in Herbesthal.
vk/est