"Das Land kann nicht ohne Steuermann bleiben, angesichts der Herausforderungen, die auf uns warten". Pieter Timmermans läutet in der VRT die Alarmglocke. Das hatte der Geschäftsführer des allgemeinen Arbeitgeberverbandes FEB zuvor auch schon in den Zeitungen La Libre Belgique und Het Laatste Nieuws gemacht. Auf allen Kanälen also, mit einer Botschaft: "Wir brauchen sehr bald eine handlungsfähige Regierung!"
Fast 100 Tage nach der Wahl sind die Verhandlungen auf der föderalen Ebene bekanntlich noch nirgendwo. Wieso, weshalb, warum, das lässt die FEB mal dahingestellt. Der Punkt ist: Das darf auf Dauer nicht so bleiben.
"Wenn das Patt auch im September noch andauert, dann müsse was passieren, damit das Land nicht im Oktober, November, Dezember weiterhin führungslos dahindümpelt", so Timmermans. Denn: die See wird stürmisch. Und dafür muss man kein Hellseher sein.
Am 31. Oktober steht der Brexit ins Haus. Wahrscheinlich wird es ein harter Brexit, was für die belgische Wirtschaft gravierende Konsequenzen hätte. Daneben scheint die deutsche Wirtschaft zu schwächeln, was unweigerlich auch Auswirkungen auf Belgien hätte. Und bei alledem brauchen wir eine handlungsfähige Regierung, die dann auf etwaige neue Gegebenheiten angemessen reagieren kann.
Eine geschäftsführende Regierung, wie wir sie im Moment haben, die reicht da in jedem Fall nicht aus, sagt Timmermans. Es geht nicht, dass wir irgendwann, wenn der Baum brennt, von der Regierung zu hören bekommen, dass sie ja nichts machen kann, weil sie ja nur geschäftsführend im Amt ist. Deswegen auch der Aufruf jetzt! Wir dürfen uns diese Fragen nicht stellen, wenn es zu spät ist.
Heißt also: Die Bosse wollen Bosse. Wer das sein soll, wie man das organisiert, das sei natürlich Sache der Politik. Denkbar sei zum Beispiel, dass man die Befugnisse der derzeitigen geschäftsführenden Regierung ausweitet - über ein Mandat des Parlaments.
Eine andere Möglichkeit wäre eine neue Equipe: zeitlich befristet, mit einem begrenzten, klar umrissenen Programm. Das wäre dann, nennen wir es mal, eine "Durchstartregierung", sagt Pieter Timmermans:
Eine "Notregierung" also, wie wir sie 2007-2008 gekannt haben. Das war das Kabinett Verhofstadt III. Wobei: Der FEB-Geschäftsführer vermeidet ausdrücklich das Wort "Notregierung". In seinen Ohren klingt das wie eine Bankrotterklärung, also die Feststellung, dass das Land unregierbar ist und es keine andere Alternative mehr gibt.
In seinen Augen sollten die Dinge aber parallel ablaufen: Einerseits sollten die Parteien weiter alles daransetzen, um eine neue, vollwertige Regierung auf die Beine zu stellen. Auch um ihnen den Rücken freizuhalten, brauche man dann gleichzeitig eine Equipe, die regiert.
Und nicht vergessen: Es gibt auch noch terminliche Zwänge. Belgien muss im Oktober der EU-Kommission einen Haushalt für das Jahr 2020 vorlegen. Auch das kann man nicht ewig hinauszögern.
Nun ist das bekanntermaßen politisch die schwierigste Übung. Einen Haushalt zu schnüren, dass ist beinahe die politischste aller möglichen Aufgaben.
Auch deswegen wäre es gut, wenn die Leute, die da zeitweilig ans Ruder kommen, so ein bisschen über der Mêlée stehen, sagt der FEB-Geschäftsführer. Idealerweise sind das Politiker, die keinerlei wirkliche Ambitionen mehr haben. So vermeidet man auch politische Spielchen.
Wir brauchen Verantwortliche, die sich einfach nur der Herausforderungen bewusst sind und die dann entschlossen angehen. Das wäre auch ein wichtiges Signal an die Bürger und Unternehmen, nach dem Motto: "Man kümmert sich, es wird regiert".
Roger Pint
Faschistastische Idee... dann wird als Notstand-Premierminister ein "starker Mann" à la Trump, Orban, Bolsonaro, Putin, Jinping, Salvini, auserkoren (von wem?) der uns allen "Heil" (=Wirtschaftswachstum) bringen wird.
Zum Glück haben wir alle fleißig aus der Geschichte der Alten Römer und der "rei gerundae causa" gelernt...