Seit dem 1. September 2018 gilt in Belgien ein neues Erbrecht. Es war grundlegend reformiert worden. Eine der wichtigsten Änderungen war, dass die neuen Erbschaftsregeln dem Belgier mehr Freiheit geben, sein Vermögen dem zu überlassen, den er möchte.
Auf diese Weise können nun alle Eltern die Hälfte ihres Nachlasses an die von ihnen gewünschte Person abgeben. Vor dem 1. September 2018 war dieser "frei verfügbare Anteil" für Eltern mit zwei oder mehr Kindern auf ein Drittel oder sogar ein Viertel des Nachlasses beschränkt.
Und diese größere Bewegungsfreiheit wird nach Angaben des Belgischen Notarverbands Fednot eifrig genutzt. Die Menschen haben offensichtlich auf diese neuen Möglichkeiten gewartet, sagt Bart van Opstal, Notar und Sprecher von Fednot.
Beweggründe
Laut dem Notarverband nutzen Eltern die Bewegungsfreiheit aus unterschiedlichen Gründen. Sie möchten vielleicht einem Kind mehr überlassen, weil es beispielsweise durch Krankheit stärker auf Betreuung angewiesen ist als die anderen Kinder. Oder weil sie ganz einfach ein besseres Verhältnis zu einem Kind haben.
Aber auch neu zusammengesetzte Patchwork-Familien können jetzt dank der neuen Regeln ihre Stiefkinder besser in die Planung des Erbes einbeziehen und sie so begünstigen. Man hat sogar festgestellt, dass auch immer mehr Menschen in den Dreißigern schon ihr Testament regeln.
Laut Notar Van Opstal möchte der Großteil der Eltern aber nicht über ihren letzten Willen sprechen. "Das bleibt ein Tabu, vor allem für die ältere Generation." Der vielleicht beste Beweis ist, dass eine neue Möglichkeit des neuen Erbrechts wenig genutzt wird. Denn neben dem einseitig verfassten Testament, gibt es als Alternative auch den Erbvertrag. Hier vereinbart man mit den zukünftigen Erben zu Lebzeiten die Verteilung des zukünftigen Erbes. Das auf Papier zu bringen, war in der Vergangenheit verboten - egal ob mit einem oder allen Kindern.
Von September letzten Jahres bis zum 16. August wurden 2.827 Erbverträge abgeschlossen. Bei den meisten dieser Verträge handelte es sich nur um eine Vereinbarung mit einem der Kinder über einen Teil der Erbschaft.
Dass diese Erbverträge noch nicht so populär sind, liegt laut Notarverbandssprecher Van Opstal auch daran, dass es natürlich einfacher ist, in aller Ruhe ganz alleine ein Testament zu schreiben. Der Abschluss eines Familienerbvertrags braucht die Zustimmung der Kinder. Das erfordert mehr Mut. Man muss ein Gleichgewicht finden, dem auch jeder zustimmen kann. Und das Verfassen des Vertrags nimmt mehr Zeit in Anspruch. Schließlich ist die Diskussion über das Erbe für viele Familien ein emotional aufgeladener Akt. Das ist eine Hürde, die man vielleicht lieber meidet.
Unterschied zwischen Testament und Erbvertrag
Testament | Erbvertrag | |
Was? | Persönliches Dokument, in dem Sie angeben, wie Ihre Erbschaft nach dem Tod verteilt werden soll. | Vereinbarung zwischen Eltern und Kindern über die zukünftige Erbschaft. |
Durch wen? | Persönliches einseitig aufgestelltes Dokument. | Vereinbarung zwischen Eltern (oder einem Elternteil) mit einigen oder allen Kindern. |
Endgültig? | Jederzeit änderbar durch den Autor. | Anpassung nur, wenn alle Beteiligten Änderungen zustimmen. |
Inhalt bekannt? | Der Inhalt bleibt bis zum Tod des Autors geheim, bis dahin kennt nur er den Inhalt. | Der Inhalt ist allen Beteiligten bekannt, nicht Dritten. |
Prozedur? | Notarintervention hilfreich, aber nicht erforderlich. | Notarintervention erforderlich, mindestens ein Monat zwischen Vertragsentwurf und Vertragsunterzeichnung. |
detijd/mz