Leere Straßen und Terrassen nach sechs Uhr abends, Kutscher ohne Kundschaft, leere Hotelbetten: All das erwartet man nicht von Brügge. Und tatsächlich: In der westflämischen Hauptstadt ist es diesen Monat bemerkenswert ruhig.
Zum Thema geworden ist das, nachdem Karel Hessels, der Manager der Jugendherberge und des Cafés "Charlie Rockets", auf seiner Facebook-Seite ein Video mit verlassenen Straßen in Brügge veröffentlicht hat. Sein alarmierender Kommentar "Tot im Sommer. Das habe ich in 25 Jahren noch nie erlebt". Viele Cafés und Terrassen seien den ganzen Monat über leer geblieben. "Normalerweise sind meine Zimmer zu dieser Zeit wochentags zu 80 Prozent belegt, und jetzt nur noch zu 25 Prozent", sagt er.
Ein Sprecher der Vereinigung "Brugse Hotels" bestätigte, dass es auch am Wochenende viel ruhiger als sonst sein wird. Unter normalen Umständen seien die meisten Hotels an den Wochenendtagen ausgebucht, aber in den letzten Wochen gab es immer viele freie Zimmer. Die durchschnittliche Belegung liegt jetzt bei 70 Prozent. Also nicht ganz so dramatisch wie vom Betreiber der Jugendherberge geschildert. Aber doch ein signifikanter Rückgang.
Über die Gründe wird derzeit noch heftig diskutiert. Die Vorsitzende des Horeca-Verbands in Brügge, Sandra Timmerman, ist davon überzeugt, dass interessante Veranstaltungen und Ausstellungen fehlen, die Touristen anziehen.
Aber nicht nur Touristen blieben weg. Auch Einheimische und Menschen aus der Region. Im Sommer seien Sommer- und Strandbars sehr beliebt. Die fehlen.
Dazu kommt, dass Brügge ein schlechtes Image hat. Brügger Gastgewerbebetriebe sind viel zu teuer und der Service lässt auch noch zu wünschen übrig, heißt es. Laut Timmerman stimme das nicht. Aber 3,50 Euro für einen Espresso auf dem Marktplatz in Brügge bestätigen das Image dann wohl eher doch.
Eine Strategie zur Lösung des Problems gibt es laut Dominique Vanneste, Professor für Tourismus an der KU Leuven, eigentlich schon. Das Horeca-Gewerbe stört sich ja an Touristen, die zu wenig Geld ausgeben. Und deshalb werben die flämischen Touristenstädte gar nicht mehr um Tagestouristen, die mit Picknick im Rucksack kommen und noch am selben Tag wieder verschwinden. Man fokussiert sich auf Touristen, die bleiben und dadurch mehr Geld da lassen. Und für die Lebensqualität in der Stadt ist das Ausbleiben von Massentourismus auch erwünscht.
Die Stadtverwaltung erklärte ihrerseits, der derzeitige Einbruch der Besucherzahlen sei nicht bedenklich. Man erwarte, dass die Besucherzahlen auch wieder steigen. Dabei verweist man darauf, dass auch kräftig investiert werde. Laut Bürgermeisterin Mercedes Van Volcem wird Brügge 80 Millionen Euro unter anderem in ein neues Kongressgebäude, ein neues Museum und in neue große Ausstellungen investieren. Und für 2021 kündigt sich auch die neue große Kunst-Triennale an.
morgen/mz