Auch für alle, die es live am Bildschirm miterlebt haben, muss es ein unvergessliches Ereignis gewesen sein. 21. Juli 1969, Weltzeit 2:56 Uhr und 20 Sekunden: Der amerikanische Astronaut Neil Armstrong setzt als erster Mensch den Fuß auf den Mond. "Ein kleiner Schritt für den Menschen, aber ein riesiger Sprung für die Menschheit".
Doch war das, in der Rückschau betrachtet, wirklich so? War es der "riesige Sprung für die Menschheit"? "Ohne Zweifel", sagte der Astronom und Astrophysiker Michaël Gillon am Freitagmorgen in der RTBF, "vor allem auf der philosophischen, der metaphysischen Ebene. Wir haben bewiesen, dass wir unsere Wiege in Richtung Weltraum verlassen können. Wir haben die Grenzen der Menschheit neu definiert. Und das hat uns auch kollektiv zum Träumen gebracht."
"Wir haben dabei im Grunde das gemacht, was die Menschheit immer gemacht hat", sagt Michaël Gillon. "Wir haben neue Horizonte erkundet."
Genau das macht Michaël Gillon auch, nur eben nicht in einer Raumkapsel. Sein Arbeitsgerät ist ein Teleskop, das übrigens einen drolligen Namen trägt: Trappist. Wir erinnern uns: Michaël Gillon ist der Lütticher Wissenschaftler, der 2017 ein neues Planetensystem entdeckt hat und dem dann den doch sehr belgischen Namen "Trappist-1" verpasst hatte.
"Und natürlich würde man am liebsten auch selbst hinfliegen, um diese Planeten mit eigenen Augen zu studieren", sagt Michaël Gillon. "Viele träumen vielleicht auch schon davon, das Universum zu besiedeln. Nur: Davon sind wir noch sehr weit entfernt." Buchstäblich "Lichtjahre" entfernt: Tatsächlich liegen zwischen der Erde und Trappist-1 knapp 40 Lichtjahre. Dagegen ist der Mond ein Flohhüpfer.
Nur: "Selbst zum Mond zu fliegen, wäre heute sehr schwierig", sagt Michaël Gillon. Technisch ist das natürlich möglich. Gemessen an unserer heutigen Technik waren Neil Armstrong und seine Kollegen damals fast schon mit einer analogen Blechbüchse unterwegs. Nur: Die Kosten wären auch heute enorm. Zwar würde immer mal wieder jemand ankündigen, zum Mond zurückkehren zu wollen. Er sei aber der Ansicht, dass die Motivation zum jetzigen Zeitpunkt nicht groß genug ist, sagt Michaël Gillon.
Tatsächlich hat ja gerade erst US-Präsident Donald Trump wieder die Order ausgegeben, wieder den Mond anzusteuern. Da steht sogar ein Datum im Raum: 2024. "Was aber heute fehlt, das ist der wirkliche Anreiz", sagt Michaël Gillon.
Damals, 1969, da war es der Wettlauf zwischen den Systemen, zwischen den USA und der Sowjetunion. Heute fehlt dieser Wettbewerb. Es sei denn, man kann irgendwann wirtschaftliche Profite erwarten. Immer konkreter wird darüber nachgedacht, im Weltraum richtiggehend "Bergbau zu betreiben". Etwa, indem man Rohstoffe auf Asteroiden abbaut. Und da würde auch wieder der Mond in den Fokus rücken. Der Mond ist reich an Helium 3. Und das wäre ein Brennstoff für die Kernfusion. Diese Technik beherrschen wir zwar noch nicht, aber, wenn es mal so ist, dann kann der Mond auch schnell wieder interessant werden.
Bis auf Weiteres glaubt Michaël Gillon aber nicht an all die spannenden Raumfahrtpläne, die immer wieder angekündigt werden. "Eine Reise zum Mars? Wenn, dann ist das was für viel später", sagt der Astrophysiker. Erst müsse man hundertprozentig sicher sein, dass die Besatzung die Reise auch wirklich überlebt.
In der Zwischenzeit will Michaël Gillon also erstmal weiter mit seinem Teleskop das Universum erforschen. Ultimatives Ziel wäre der Nachweis von Leben außerhalb der Erde.
Aber, apropos: Angesichts von drohenden Katastrophen wie dem Klimawandel, ist der Weltraum nicht irgendwie unser Plan B. "Ich denke nicht", sagt Michaël Gillon. "Der Mensch ist das Produkt dieser, unserer Erde. Und eigentlich können wir nur hier wirklich leben. Der Plan B, das ist Plan A: die Erde."
Roger Pint