Tröpfchen gegen Hitzewallungen, Globuli gegen Grippesymptome oder homöopathische Tabletten gegen Muskelschmerzen - die Christliche Krankenkasse ist seit einem halben Jahr die einzige Krankenkasse in Belgien, die diese Art von Produkten nicht mehr erstattet. Allerdings nur in Flandern. In der Wallonie und in der Deutschsprachigen Gemeinschaft werden homöopathische Mittel weiterhin rückerstattet. Mit 4,5 Millionen Mitgliedern handelt es sich aber immerhin um den Marktführer in Belgien. Laut De Morgen könnten schon bald einige Krankenkassen hinzukommen. Denn auf Nachfrage wurde der Zeitung bestätigt, dass innerhalb der Krankenkassen heftig darüber diskutiert wird, ob man die Rückzahlungen einstellen soll.
Insider berichteten, dass man sich in den Studiendiensten der Krankenkassen eigentlich einig darüber ist, dass es aus medizinischen Gründen unsinnig ist, Homöopathie zurückzuerstatten. Es seien aber die Marketing- und PR-Abteilungen der Krankenkassen, die sich quer stellen. Sie befürchten einen Mitgliederverlust.
Kritiker sagen aber, es sei nur eine Frage der Zeit. Denn wenn andere Krankenkassen dem Beispiel der Christlichen Krankenkasse folgen sollten, will am Ende keine Krankenkasse zu den letzten zählen, die Homöopathie noch zurückerstatten. So zitiert De Morgen eine anonyme Quelle.
Gesundheitsministerin Maggie de Block (Open VLD) verweist auf den geplanten Pakt, der sich mit der künftigen Rolle der Krankenkassen befasst. Die Gelder sollten zukünftig nur nachweis-orientierte Medizin berücksichtigen, sagt sie.
Also die Politik besteht in den Verhandlungen darauf, die Homöopathie aus dem Angebot rauszunehmen. Die Verhandlungen sind aber noch nicht abgeschlossen.
Bei der Interessengemeinschaft Unio Homeopathica Belgica gibt man sich vorerst unbesorgt: "Es wird die Patienten nicht davon abhalten, sich weiter an uns zu wenden. Es wird sie nur mehr Geld kosten", sagt Sekretär Leon Scheepers.
"Unbegreiflich", nennt das der emeritierte Universitätsprofessor und praktische Mediziner Jan De Maeseneer: "Jeder Cent, der in die Homöopathie fließt, ist Verschwendung." Das sage er schon seit zwanzig Jahren. Er sei aber guter Dinge, dass sich das Problem von selbst lösen wird. Vor zwanzig, dreißig Jahren habe es zu viele Allgemeinmediziner gegeben. Um zusätzliche Kunden zu gewinnen, hätten viele Ärzte angefangen, Akupunktur oder Homöopathie anzubieten. Jetzt - wo es zu wenig Ärzte gebe - sei auch das Interesse an Wochenendkursen für Homöopathie weggefallen. Die Teilnehmer werden immer weniger.
Es gibt keine aktuellen oder detaillierten Daten zur Zahl der Belgier, die an Homöopathie glauben. Die meisten Experten beziehen sich auf die Gesundheitsumfrage von 2013. Acht Prozent der Bevölkerung gaben damals an, im vergangenen Jahr nichtkonventionelle Medizin in Anspruch genommen zu haben, darunter Homöopathie, Osteopathie, Chiropraxie und Akupunktur.
Nach Angaben von Ulrike Van den Houte von der Vereinigung homöopathischer Arzneimittel (HBIA) werden jährlich rund vier Millionen Einheiten verkauft - "gut für einen Umsatz von 25 Millionen Euro." Über die Zahl der Homöopathen liegen auch ihr keine offiziellen Zahlen vor.
demorgen/mz