Der Ursprung liegt höchstwahrscheinlich in einem der vielen Kühltürme im Genter Hafen. Nach der genauen Infektionsquelle wird noch immer gesucht. Am Freitag wurde der 19. Patient ins Krankenhaus eingeliefert. Zwei Menschen sind schon an den Folgen der Legionärskrankheit gestorben.
"Sind sie besorgt?", wird eine ältere Dame aus Evergem in der VRT gefragt. "Ja, wenn ich ehrlich bin, dann muss ich zugeben, dass ich ein bisschen Angst habe", antwortet die Frau. Sie habe im Garten arbeiten wollen. Aber als sie sah, dass der Wind den Rauch der Kühltürme in ihre Richtung wehte, da habe sie das sein lassen. Die Kühltürme des Genter Hafens werden so ein bisschen zum Schreckgespenst einer ganzen Region. Sie stehen im Verdacht, der Luft richtiggehend "Bakterien beizumischen".
Aber, von vorn: In Evergem und Umgebung sind in den letzten Tagen 19 Fälle von Legionärskrankheit aufgetreten. Hier handelt es sich, grob gesagt, um eine schwere und äußerst hartnäckige Lungenentzündung. Ausgelöst wird die durch Legionella-Bakterien.
Diese Bakterien gedeihen in einer feuchten Umgebung, insbesondere in stehendem Wasser. Die Krankheit überträgt sich durch winzige Wassertröpfchen. Eine Ansteckung von Mensch zu Mensch ist unmöglich. Die These ist also die folgende: In irgendeinem der Kühltürme gibt es eine, nennen wir es mal, "Legionella-Quelle". Und über den Wasserdampf der Kühltürme verbreiten sich die Bakterien dann in der Umgebung.
"Je mehr Fälle festgestellt werden, desto mehr lässt sich die Infektionsquelle auf das Genter Hafengebiet eingrenzen", sagte auch Joris Moonens vom flämischen Gesundheitsministerium in der VRT. Das ist nämlich das verbindende Element: 19 Patienten werden inzwischen im Krankenhaus behandelt wegen einer Legionella-Infektion. Und offensichtlich waren all diese Patienten in den letzten Tagen im fraglichen Gebiet.
Legionärskrankheit, das ist kein Kinkerlitzchen: In dieser Woche sind schon 2 Patienten an den Folgen der Infektion gestorben. Zwei weitere werden im Augenblick auf der Intensivstation behandelt. Dass in den letzten 2 Tagen neue Patienten eingeliefert wurden, das deutet aber darauf hin, dass die Infektionsquelle über einen längeren Zeitraum für eine Kontamination gesorgt hat. Ob sich das Problem inzwischen erledigt hat, nun, das könne man auch nicht sagen, räumt Joris Moonens ein.
Entsprechend groß eben die Beunruhigung. Er müsse auch jeden Tag an diesen Kühltürmen vorbei, sagt ein anderer Mann in der VRT. Und auch er schaue mit einem gewissen Unbehagen auf die Türme und frage sich unbewusst: Wie steht der Wind denn heute? Weht der Dampf in meine Richtung?
Die Behörden stehen hier vor einem enormen Problem. Die Infektionsquelle zu ermitteln, das ist nämlich fast wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Im Prinzip kann das alles sein, sogar ein kleiner Teich. Für die Experten sind besagte Kühltürme nur die plausibelste aller Hypothesen. Deswegen haben sie auch so ein bisschen überall Proben entnommen; also in allen Kühlanlagen in der Umgebung, die ihnen bekannt sind. Die Ergebnisse liegen allerdings erst am Montag vor, da die Bakterienkulturen erst wachsen müssen. Bis dahin regiert also die Ungewissheit...
Das bedauern auch diejenigen, die normalerweise regieren: "Für uns ist diese Unsicherheit auch unangenehm", sagte Joeri De Maertelaere, Bürgermeister von Evergem. "Uns bleibt aber nichts anderes übrig, als eben den Beginn kommender Woche abzuwarten. Und in der Zwischenzeit können wir den Menschen nur versichern, dass wir die Sache im Auge haben":
"Und bitte: Keine Panik", sagt der Bürgermeister. Wenn vielleicht die Untersuchungsergebnisse auch erst am Montag vorliegen, so wollten die Gesundheitsbehörden in der Zwischenzeit dann doch nicht ganz untätig bleiben: 19 Unternehmen, die als mögliche Infektionsquelle in Betracht kamen, hätten bereits ihre Kühlanlagen desinfiziert, sagt Joris Moonens vom flämischen Gesundheitsministerium. Also, wenn das Problem von einer dieser Firmen ausgegangen sein sollte, dann weiß man, dass das jetzt nicht mehr der Fall ist.
Wie geht man jetzt damit um? "Naja", sagt eine Frau fatalistisch: "Sich einzuschließen, das ist auch keine Option. Man kann nur wachsam bleiben; und wenn man Symptome bekommt, dann muss man eben zum Arzt"
Roger Pint