Belgien - Europameister im Recycling. Und das sogar noch vor den skandinavischen Ländern! Unser Land - oft genug Bashing-Opfer - hatte endlich mal etwas, worauf es stolz sein konnte. Dementsprechend wurde die gute Nachricht auch gerne verbreitet.
Die Journalistin Sandrine Warsztacki vom Magazin Médor hat sich die Zahlen der Wiederverwertungsgesellschaft Fost Plus mal angeschaut. Und kommt da zu etwas anderen Ergebnissen: "Nicht acht von zehn Plastikflaschen werden recycelt, sondern eher fünf von zehn", erklärt Warsztacki.
Und das habe vor allem drei Gründe. Erstens würden viele Belgier Getränke in Plastikflaschen im benachbarten Ausland kaufen, weil sie dort günstiger sind. "Dazu muss man wissen", so Warsztacki, "um die Recyclingquote zu berechnen, vergleicht Fost Plus die in Belgien produzierten und die hier recycelten Flaschen. Da die im Ausland produzierten und gekauften, aber trotzdem in Belgien recycelten Flaschen dabei nicht berücksichtigt werden, stimmt die Quote nicht.
Ein zweites Problem ist der E-Commerce: "Eigentlich müssten die Online-Händler für die Entsorgung der Verpackung eine Abgabe an Fost Plus zahlen. Doch das passiert oft nicht. Und so wird das Recycling der Verpackungen nirgends berechnet."
Ein dritter Grund, warum Sandrine Warsztacki den Zahlen von Fost Plus nicht traut, sind die Reste, die in den Flaschen bleiben. Bleiben Getränkereste in den Flaschen, dann werden die mit gewogen. Und das verbessere die Recyclingquote.
Bei allen berechtigten oder unberechtigten Zweifeln an den Zahlen von Fost Plus sieht die Journalistin trotzdem auch weiterhin einen Sinn im Recycling von Haushaltsmüll, auch wenn es Nachteile habe. Die komplexen Kunststoffmoleküle verlören ihre Eigenschaften mit jedem Recycling-Vorgang. Deshalb müsste immer wieder neuer Plastik hinzugefügt werden, so Warsztacki.
"Recycling ist nicht unendlich durchführbar, im Grunde ist es nur eine Verlängerung der Lebensdauer." Am Ende lande der Plastik dann doch verbrannt als CO2 in der Luft oder in der Natur. Recycling sei eben nur eine mögliche Option, wenn es nicht anders gehe.
Erste Wahl bleibe, erst gar keinen Müll zu produzieren. Dann folge das Wiederverwerten, beispielsweise von Glas- oder Plastikflaschen, und schließlich das Recycling als letzte Möglichkeit.
Volker Krings