5G ist für Technikfreaks fast schon etwas wie der Heilige Gral. Eine wirkliche Revolution soll es sein. Mobiles Internet würde spektakulär schneller, viel schneller als der heutige Standard, also 4G. Nur: Um 5G großflächig anbieten zu können, kann man nicht einfach einen Schalter umlegen, da bedarf es eines doch erheblichen Vorlaufs.
Es ist so: Mobilfunknetze nutzen natürlich immer noch Funkfrequenzen. 5G sendet aber auf anderen Frequenzen als der bisherige Standard. Diese Frequenzen müssen aber erstmal vergeben werden. In der Praxis heißt das: Sie werden versteigert. Es hat Zeiten gegeben, da haben sich die Staaten eine Goldene Nase daran verdient. Kleines Beispiel: In Deutschland erbrachte die Vergabe der UMTS-Lizenzen vor fast 20 Jahren einen Erlös von unglaublichen 50 Milliarden Euro. UMTS, das war die dritte Generation. Jetzt sind wir also bei der fünften...
Von solchen Summen sind wir inzwischen weit entfernt. In Belgien hatte UMTS auch nur einen Bruchteil eingespielt, gerade mal 450 Millionen. Die Versteigerung der 5G-Frequenzen soll laut Schätzungen 680 Millionen Euro in die Staatskasse spülen. Naja, immerhin...
Wer soll das Geld bekommen?
Wie die Zeitungen De Tijd und L'Echo berichten, gibt es da aber schon erste Misstöne. Die Frage ist: Wer soll das Geld bekommen? Bislang war es der Föderalstaat, der hier alleine kassierte. Inzwischen melden aber auch die Regionen Ansprüche an. Und dieser - im Übrigen typisch belgische - Streit ist offenbar noch nicht beigelegt.
Und noch einen Punkt gibt es, in dem es bislang noch Widerstände gibt: Die Föderalregierung hat in ihrem Sommerabkommen vor sechs Monaten beschlossen, den belgischen Telekommarkt für einen vierten Anbieter zu öffnen. Die Region Brüssel-Hauptstadt hat hier aber Bedenken angemeldet. Und Brüssel könnte sich in dieser Haltung jetzt noch bestätigt sehen, nachdem ja einige Beobachter einen Zusammenhang hergestellt haben zwischen der Umstrukturierung bei Proximus und dieser Entscheidung über einen möglichen vierten Anbieter.
Heißt also: Die Akte 5G ist schon aus diesen, sagen wir mal, rein politischen Gründen blockiert.
Obendrauf kommt dann noch einmal das klassische Problem in der Mobilfunkwelt: die Sendemasten. Um auf 5G zu schalten, reicht es nicht, einfach die bestehenden Antennen auf eine neue Frequenz umzustellen. Je mehr Daten transportiert werden sollen, desto dichter muss das Sendenetz sein. Im Klartext: Die Umstellung auf 5G wird zur Folge haben, dass noch mehr Masten aufgestellt werden müssen.
Und auch das mag die Bauchschmerzen der Region Brüssel erklären: In der Hauptstadt gelten sehr strenge Emissionsnormen, so streng, dass fraglich ist, ob es überhaupt technisch möglich sein wird, 5G auf dem Gebiet der Region einzuführen. Natürlich kann man die Normen lockern. Nur muss man das auch wollen.
Zug nicht verpassen
Wenn Föderalstaat und Teilstaaten nicht einer Meinung sind, dafür gibt es einen, nennen wir es mal, "Begegnungsort". Das ist der sogenannte Konzertierungsausschuss. Hier werden also solche Kompetenzstreitigkeiten ausgefochten. In knapp drei Wochen wird diese 5G-Problematik auf dem Tisch dieses Konzertierungsausschusses liegen. Und selbst, wenn es eine Einigung gibt, müsste das Ganze eigentlich noch in ein Gesetz gegossen werden. Und auch das dürfte, so kurz vor der Wahl und zumal mit einer geschäftsführenden Regierung, doch schwierig werden. Und wenn man dann noch davon ausgeht, dass es nach der Wahl noch Monate dauern könnte, ehe das Land eine neue Regierung hat, naja, dann könnte 5G irgendwie auf die lange Bank geraten.
Dabei gilt der neue Mobilfunkstandard ja eigentlich als "DIE" Zukunft. Nicht nur, dass man dann viel schneller mit seinem Smartphone surfen könnte als bisher. Die neuen, schnellen Netze gelten vor allem als Grundvoraussetzung, z.B. für selbstfahrende Autos. In jedem Fall werden Fahrzeuge künftig in Echtzeit miteinander kommunizieren, etwa um Unfälle oder dergleichen vermeiden zu können. Und das geht nur mit 5G. Der zuständige Telekomminister Philippe De Backer warnte denn auch schon davor, dass der Standard der Zukunft in Belgien deutlich verspätet eingeführt werden könnte. Dabei sei 5G ein Zug, den man auf keinen Fall verpassen dürfe.
Roger Pint