Ein Schöffe für Einsamkeit ist keine neue Idee. Im Vereinigten Königreich hat die britische Premierministerin Theresa May bereits einen Minister für Einsamkeit ernannt. Und in Rotterdam gibt es zum Beispiel schon seit Jahren ein Meldezentrum für Einsamkeit. Der Auslöser war ein Fall aus dem Jahr 2013. Damals lag eine Frau unglaubliche zehn Jahre tot in ihrem Haus, ohne dass jemand etwas davon mitbekommen hat. Und in Rotterdam gab noch viele andere Fälle von Menschen, die man erst spät nach ihrem Tod in der Wohnung gefunden hat.
So ein krasser Fall ist aus Sint-Truiden nicht zu melden, aber Schöffe Monette erklärte, dass Einsamkeit ein verstecktes Problem sei, über das Menschen nicht gerne reden. Sein Apotheker habe ihm berichtet, dass es Kunden gäbe, die jeden Tag eine Paracetamoltablette kaufen, damit sie sich mal mit jemanden unterhalten können. Und als Schöffe sehe er da vor allem die Kommunen in der Pflicht, etwas gegen Einsamkeit zu unternehmen, da Einsamkeit laut Studien genauso gesundheitsschädlich wie Rauchen sein soll.
In Sint-Truiden habe man nicht die Illusion, dass man das Problem endgültig lösen kann, sagt Schöffe Pascy Monette. Es gibt aber zwei Ansatzpunkte. Erstens will man für mehr Achtsamkeit im Miteinander werben. Durch eine Aufklärungskampagne will die Stadt die Menschen auf die Probleme aufmerksam machen und dazu auffordern, wachsam bei Anzeichen von Einsamkeit zu sein. Damit das auch praktisch umgesetzt werden kann, soll bald schon als zweite Maßnahme ein Meldezentrum eingerichtet werden, damit die Einwohner Fälle von Einsamkeit mitteilen können.
Jeder Einwohner, aber auch soziale Organisationen sowie Krankenpfleger, Hausärzte, Postboten oder auch Bäcker und Kassierer können sich melden, wenn sie den Verdacht haben, dass jemand einsam oder sozial isoliert ist. Zum Beispiel, wenn eine ältere Dame, die sich trotz ihres hohen Alters immer noch die Mühe macht, wöchentlich in den Supermarkt zu gehen, aber seit einiger Zeit nur noch Brot und Butter in ihren Korb legt und dabei einen verwirrten Eindruck hinterlässt - das wäre so ein Fall. Oder: Wenn ein älterer Herr, der regelmäßig in einer Kneipe einen Kaffee trinkt, diese Routine plötzlich aufgegeben hat.
Das können Anzeichen von Demenz sein. Vielleicht fühlt sich der Betroffene aber auch einfach nicht mehr wohl in seiner Haut. Nur leider wenden sich viele dieser Menschen nicht an andere Menschen oder an einen Hilfsdienst - mit allen negativen Folgen, die da zu erwarten sind. Ziel ist also, das Freiwillige nach einem Hinweis innerhalb von 24 Stunden bei der Person zu Hause eintreffen, um zu schauen, wie die Dinge so laufen.
Dabei ist Einsamkeit nicht nur ein Problem unserer alternden Gesellschaft. Eine junge Mutter mit zwei kleinen Kindern, die nach einer konfliktreichen Scheidung feststellen muss, dass ihre sogenannten "Freunde" nur auf Facebook existieren und die tagelang mit niemanden gesprochen hat, kann natürlich auch sehr stark unter Einsamkeit leiden. Einsamkeit kann also jedes Alter treffen.
hln/mz