Seit Dienstag ist es offiziell. Galler ist nicht mehr belgisch. Inhaber Jean Galler hat seine verbliebenen 25 Prozent Anteile an ein Mitglied der Familie des katarischen Scheichs Bin Jassim al-Thani verkauft. Die Scheichfamilie war schon seit 2011 Mehrheitsaktionärin. Eigentlich wollte Jean Galler die 75 Prozent von den Katarern zurückkaufen. Doch die gingen auf sein Angebot nicht ein.
1976 hatte Jean Galler das Unternehmen in Vaux-sous-Chèvremont in der Gemeinde Chaudfontaine gegründet. Und es zum viertgrößten Schokoladenhersteller Belgiens gemacht. Dass es jetzt nicht mehr in belgischer Hand ist, bedauert Jean Galler: "Man erreicht im Leben eben nicht immer alle seine Ziele", so Jean Galler, der es deshalb vorgezogen hat, sich ganz aus dem Schokoladengeschäft zurückzuziehen.
Ein boomendes Geschäft. Gerade in Belgien. 750.000 Tonnen Schokolade werden hierzulande jedes Jahr produziert. Jährlicher Umsatz: fast 2,7 Milliarden Euro. Tendenz steigend. 80 Prozent gehen in den Export. Größte Abnehmer sind unsere Nachbarn: Frankreich, die Niederlande, Deutschland.
Dabei ist belgische Schokolade nicht immer auch belgisch. Zumindest was die Inhaber angeht. Und das nicht erst seit Dienstag.
Als erstes kaufte 1966 die US-amerikanische Campbell Soup Company den belgischen Chocolatier Godiva. 1987 die Schweizer Jacobs Suchard Gruppe Côte d’Or. Mittlerweile gehört die traditionsreiche Marke mit dem Elefanten nach mehreren Zwischenstationen der US-amerikanischen Mondelez-Gruppe.
Auch Callebaut, nach der Fusion mit dem französischen Unternehmen Barry mittlerweile ein Riese auf dem Schokoladenweltmarkt, hat seinen Sitz in Zürich. Hinzukommen Guylian, im Besitz der koreanischen Holding Lotte, und Kwatta, das inzwischen zur US Marke Heinz gehört.
Damit auch drin steckt, was drauf steht, fordert die Branche eine geschützte geographische Herkunftsbezeichnung (IGP). Bis es soweit ist, sind belgische Schokolade und Pralinen aber nicht ungeschützt. Jedenfalls in der EU. Hier darf man nicht einfach belgisch auf Schokolade- oder Pralinenpackungen schreiben. Gegenüber Drittstaaten jedoch ist das schwieriger durchzusetzen.
Der neue Inhaber will mit der Marke Galler in den asiatischen Markt vordringen. Vor allem in Japan ist belgische Schokolade begehrt. In den nächsten Jahren soll der Gesamtumsatz von 30 auf 50 Millionen Euro pro Jahr steigen. Um das zu ermöglichen, soll ein neues Werk in Lüttich entstehen. Das Stammwerk in Vaux-sous-Chèvremont kann nämlich nicht vergrößert werden.
Der neue Inhaber setzt also auf Expansion, Kontinuität und Qualität. Die 170 Beschäftigten von Galler können deshalb beruhigt sein, auch wenn man ihm keine Arbeitsplatzgarantien gegeben hat, erklärt Jean Galler.
Alles sei da: Hervorragende Produkte und Mitarbeiter und ein Markt, so Galler. Für Personalentlassungen gebe es nun wirklich keinen Grund.
Volker Krings