Deutschland wird Belgien helfen, wenn es in Belgien zu Stromengpässen im Winter kommen sollte. Das ist die Botschaft, mit der Marie-Christine Marghem am Dienstag aus Berlin wieder zurück nach Brüssel kam. Besiegelt ist die Zusage durch die Unterschriften von Marghem und Bundesenergieminister Peter Altmaier unter eine Absichtserklärung.
Damit wurde jetzt auf Ministerebene das besiegelt, was Premierminister Charles Michel vor eineinhalb Wochen schon nach eigenen Angaben in einem Telefongespräch mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel mündlich vereinbart hatte.
Der deutsche Strom ist bereits heute in Belgien - nämlich quasi auf der Durchreise von Norden nach Süden. Deutschland transportiert nämlich über Hochspannungskabel Strom aus Windparks in Norddeutschland über die Niederlande, Belgien und Frankreich nach Süddeutschland. Und das, weil es in Deutschland selbst nicht genug Hochspannungsleitungen gibt, um diesen Nord-Süd-Transfer zu gewährleisten.
Stromverkauf an die Belgier
Altmaier stellte in Aussicht, dass Deutschland mittel- bis langfristig eigene Hochspannungsleitungen bauen werde. Aufgrund der angespannten Lage in Belgien aktuell ist Deutschland allerdings bereit, jetzt auf einen Teil des Nordseestroms in Süddeutschland zu verzichten und diesen Strom in Belgien zu belassen.
Also ein Stromverkauf an die Belgier. "Wir müssen garantieren, dass ein bestimmter Spielraum in den Leitungen immer zur Verfügung steht. Das bedeutet, dass wir beispielsweise in Süddeutschland mehr Re-Dispatch machen werden. Das heißt, wir werden den Strom dann in der Region kaufen. Darüber sind wir in einem sehr engen und fruchtbaren Gespräch", sagte Altmaier.
Oder, wie es Marghem ausdrückte: "Statt diese Elektrizität über unsere Leitungen zu transportieren, könnte Deutschland Energiekraftwerke im Süden von Deutschland reaktivieren, um den Stromverbrauch in Süddeutschland sicherzustellen."
Kapazitäten noch nicht gedeckt
Dass Deutschland Energiekraftwerke in Süddeutschland wieder ans Netz bringen will, um Belgien Strom zur Verfügung zu stellen, hat zwei Aspekte. Zum einen machte Marghem deutlich, dass das ein großer Aufwand für Deutschland sei. Die Deutschen aber bereit wären, diesen Aufwand für Belgien auf sich zu nehmen. Andererseits wird die Wieder-Inbetriebnahme der Energiekraftwerke in Süddeutschland Kosten verursachen.
Was mit diesen Kosten geschieht und wie hoch sie sein werden, darüber gab es am Dienstag noch keine Auskunft. Altmaier sagte lediglich: "Selbstverständlich werden diese Kosten nicht allein von Belgien getragen. Sondern wir werden zu einer gemeinsamen Lösung kommen."
Wie so eine gemeinsame Lösung aussehen könnte, bleibt abzuwarten. Eins ist allerdings sicher: Die Zusage der Deutschen, Belgien bei Stromknappheit zu helfen, ist zwar schön und gut. Aber alle notwendigen Kapazitäten für Belgien sind dadurch noch nicht gedeckt. Selbst mit der seit Dienstag zugesagten deutschen Hilfe könnte die Strommenge im Winter in Belgien eventuell nicht reichen.
"Wir brauchen immer noch Kapazitäten", sagte Marghem. Und zeigte sich dann kämpferisch und zuversichtlich: "Ich suche überall nach diesen Kapazitäten, und ich werde nicht aufhören, danach zu suchen, bis ich die nötigen Kapazitäten zusammen habe, um den Strombedarf bei uns zu decken."
Kay Wagner