Dimitri de Béco ist Rechtsanwalt, ein bekannter Strafverteidiger auf dem Brüsseler Justizparkett. Diverse Male war er schon in den USA. Und eigentlich wollte er jetzt auch nochmal Freunde in New York besuchen. Er stellt also den Antrag auf ein sogenanntes ESTA-Formular. ESTA, das steht übersetzt für elektronisches Reisegenehmigungssystem. Dieses ESTA ersetzt eigentlich eine Visa-Prozedur, kommt aber im Wesentlichen aufs Gleiche raus: Der Antragsteller wird abgeklopft, durchleuchtet. Zuständig dafür ist das Ministerium für Innere Sicherheit der Vereinigten, das berüchtigte Homeland-Security Department.
Dimitri de Béco bekommt jedenfalls irgendwann Bescheid - und sein Antrag auf Einreise wird abgelehnt. Diese Geschichte habe er dann natürlich in seinem Umfeld erzählt. Und er stellt fest: Er ist nicht der einzige. Das gleiche ist Kollegen auch schon passiert, also ebenfalls Strafverteidigern. Selbst ein Visum sei ihnen verweigert worden.
Muster erkennbar
"Und irgendwann wird ein Muster erkennbar", sagt de Béco. "All die Kollegen, denen die Einreise in den USA verwehrt wurde, haben in Terrorismus-Dossiers gearbeitet."
Die Zeitung Het Laatste Nieuws formuliert es denn am Mittwoch auch so: "Sie haben einen Terroristen verteidigt? Dann dürfen Sie nicht mehr in die USA einreisen". Denn, das scheint also der Rote Faden zu sein: Wer einmal einen Terrorverdächtigen vor Gericht verteidigt hat, der darf nicht mehr nach Amerika.
Das gilt aber anscheinend nicht nur für Terrorismus-Akten. Aurélia Psalti ist auch Anwältin. Sie hat sudanesische Migranten vor Gericht vertreten. Und auch sie durfte nicht in die USA einreisen. Sie habe dann in der Botschaft die Frage gestellt, ob die Weigerung denn in Zusammenhang stehe mit ihrer Arbeit. Statt einer Antwort gab es aber nur betretenes Schweigen.
"Keine Antwort ist auch eine Antwort", sagt Aurélia Psalti. Sie habe es jedenfalls so verstanden, dass ihr tatsächlich die Einreise in die USA verwehrt wird, weil sie Flüchtlinge aus dem Sudan verteidigt hat.
Keine offizielle Begründung
"Das geht gar nicht", reagierte aber Michel Forges, Präsident der Brüsseler Anwaltskammer. Es kann doch nicht sein, dass Anwälte mit ihren Mandanten in einen Sack gesteckt werden. Jemanden vor Gericht zu vertreten, das heiße doch nicht, dass man dessen Meinungen teilt. Das wäre doch so, als würde man einen Anwalt als Mörder bezeichnen, nur weil er in einem Strafprozess einen Mörder verteidigt hat.
Dimitri de Béco sieht das ähnlich. Ihm sei es ja noch egal, er wolle jetzt auch nicht seinen Fall zu hoch hängen. Im Grunde habe er nach alledem auch keine Lust mehr, in die USA zu reisen. Er störe sich allerdings an dem Prinzip, dass ein Land einen Anwalt gleichsetzt mit seinem Mandanten.
Eine offizielle Begründung, warum man nicht in die USA einreisen darf, muss man allerdings nicht erwarten. Die US-Sicherheitsbehörden lassen sich da anscheinend nicht in die Karten schauen. Antrag abgewiesen heißt eben: Antrag abgewiesen. Punkt...
Roger Pint