Vor gut zehn Jahren kam Jean-Jaques Cloquet zum Flughafen Charleroi. Der ehemalige Fußballprofi, der vor allem bei Sporting Charleroi gespielt hatte, übernahm die Leitung des Flughafens, als dieser im Vergleich zu heute sehr klein war. 2,5 Millionen Fluggäste zählte Charleroi damals im Jahr. Heute sind es gut dreimal so viele.
750 Mitarbeiter unterstehen Cloquet am Flughafen direkt. Rund 3.000 weitere arbeiten auf dem Flugfeld und für die Fluggesellschaften.
Der Flughafen ist weiter auf Wachstumskurs – und doch geht jetzt der Chef. Von der RTBF nach seinen Gründen gefragt, und ob ihm der Abschied schwerfalle, eiert Cloquet in seiner Antwort herum: „Ja, es stimmt: Es fällt mir schon schwer, den Flughafen zu verlassen“, sagt er. „Auf der anderen Seite muss ich auch an mich denken, an meine Familie. An Projekte. Und – ja, ich denke, letztlich ist das auch gut für den Flughafen. Wir haben außergewöhnliche Dinge hier erreicht. Und vielleicht führt mein Weggang ja zu einer neuen Dynamik.“
„An sich denken“ - das ist wohl der wichtigste Teil seiner Antwort gewesen. Denn dass Cloquet dem Flughafen den Rücken kehrt, hat vor allem persönliche Gründe. Unzufriedenheit mit politischen Entscheidungen nämlich.
Denn nach dem Regierungswechsel in der Wallonie und den Skandalen rund um öffentliche Unternehmen – Stichwort: Publifin und Samusocial – hatte sich die neue MR-CDH-Regierung eine Neustrukturierung der öffentlichen Unternehmen in der Region auf die Fahne geschrieben.
Unter anderem wurden die Rollen der Führungspositionen neu definiert, um einzelnen Führungskräften nicht eine quasi Allmacht in einem Unternehmen zu ermöglichen.
Da der Flughafen Charleroi der Region gehört, wurde also auch der Posten von Cloquet reformiert. Als „einfacher“ Generaldirektor ist er heute nur noch Chef der Geschäftsführung. Dem Verwaltungsrat gehört er nicht mehr wie früher an. Früher war er das Bindeglied zwischen diesen beiden Gremien. Also zwischen der strategischen Planung für den Flughafen und dem täglichen Geschäft.
Dass er jetzt nur noch für letzteres als Chef zuständig sein soll, das stört Cloquet – die Zeitungen Le Soir und L’Avenir berichten darüber.
Cloquet selbst spricht das in der RTBF nicht an. Ob er nicht vor etwas davonlaufe, wollte der Reporter wissen. Jetzt, wo es am Flughafen wegen Ryanair seit langem mal wieder zu Streiks gekommen ist, also nicht alles mehr so einfach sei?
„Nein“, antwortet Cloquet. „Ich bin keiner, der vor irgendetwas davonläuft. Sonst hätte ich meine Karriere als Fußballspieler sicher nicht bei Sporting Charleroi verbracht. Ich wäre sonst sofort von da weggegangen.“ Sagt er, und lacht.
Ab Januar wird Cloquet dem Flughafen nicht mehr zur Verfügung stehen. Für den Flughafen ist das ein Verlust. Für den Tierpark Pairi Daiza hingegen ein Gewinn. Hier wird Cloquet einer der drei Unternehmensleiter werden. Der Park ist wie der Flughafen weiter auf Expansionskurs. 300 Millionen Euro sollen für den Bau von Hotels und neuer Außenanlagen ausgegeben werden.
Gründer und Mitinhaber Eric Domb erklärt, warum Jean-Jacques Cloquet genau der richtige Mann dafür ist, diese Sachen mit dem Tierpark anzugehen: „Wir haben zurzeit rund 400 Mitarbeiter“, sagt Domb. „Bald werden wir dreimal so viele haben, wenn alles gut läuft mit den neuen Außenbereichen, die ich einrichten will. Dafür brauche ich jemanden, mit dem man sich super gut versteht. Und der Verantwortung übernehmen kann für Dinge, die zu den Eigenschaften eines Unternehmens mit einer gewissen Größe gehört.“
Kay Wagner