Der Auftritt von Olivier Chastel war eine Demonstration. Nämlich ein Auftritt, der zeigen sollte, dass das, was da gerade in Steenokkerzeel passiert, nicht das Ergebnis einer willkürlichen und menschenverachtenden Politik, ist, die allein von dem kantigen und oftmals provokativen Asylstaatssekretär Francken geführt wird.
Nein, alles, was mit Steenokkerzeel zu tun hat, geschieht auf rein rechtlicher Grundlage und hat die volle Unterstützung der MR. Oder zumindest von Chastel - der bereits Bekanntes noch einmal erklärte: "Diese Einheiten für Familien sind auf gesetzlicher Grundlage entstanden. Ein Gesetz von 2011 erlaubt das - ein Gesetz, das alle internationalen Konventionen und Regeln berücksichtigt und respektiert."
Wenn Francken beim Thema geschlossene Asylabschiebezentren überhaupt eine Verantwortung träfe, dann nur die, dass er sich um die praktische Umsetzung eines längst beschlossenen Gesetzes bemüht habe. Francken habe einen königlichen Beschluss angefordert, der präzisiert, wie das Gesetz genau angewendet werden kann, so Chastel.
Die Einweisung in Zentren wie Steenokkerzeel sei halt der letzte Schritt bei einem Verfahren, in dem der Antrag auf Asyl oder Bleiberecht abgelehnt worden sei. "Wenn man alle Prozeduren durchlaufen und nicht die Genehmigung erhalten hat, auf belgischem Boden zu bleiben, dann greift die Politik der Rückführung", führte Chastel aus. "Auch die Politik der erzwungenen Rückführung. Damit wird lediglich geltendes Gesetz angewendet. Belgien ist ein Rechtsstaat."
Dann führte Chastel ein Gedankenspiel an. Er sagte: "Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder trennt man die Familien und man steckt die Eltern in geschlossene Anstalten – wobei sich da natürlich dann die Frage stellt, was man mit den Kindern machen soll. Oder man bringt die Familien in Familienunterkünfte in der Art, wie sie jetzt gebaut worden sind, und bei denen alle gesetzlichen Vorgaben beachtet werden."
All diese Äußerungen und Sätze hätten auch von Theo Francken selbst kommen können. Oder auch von Charles Michel. Der Premierminister, Parteifreund von Chastel, hatte sich auch schon des öfteren öffentlich schützend vor Francken gestellt und den Rechtsstaat als Begründung für die praktizierte Asylpolitik angeführt.
Gegen die Kritiker dieser Asylpolitik teilte Chastel aus. Diese Kritiker würden nämlich keine praktikablen Alternativen zu dieser Asylpolitik haben. Es sei denn, die Grenzen zu öffnen und unterschiedslos allen ein Aufenthaltsrecht zu geben, die es wollen.
Dass die Asylpolitik in ihrer heutigen Form durchaus mit dem Programm der MR in Einklang steht, und nicht etwa nur die Ausführung einer N-VA-Politik ist, auch das machte Chastel deutlich. Die Regierung von Michel werde nicht von N-VA-Chef Bart De Wever, dem Bürgermeister von Antwerpen, aus der Ferne gelenkt. "Es gibt einen Premierminister Charles Michel, der so gut er konnte das Programm seiner Koalition umgesetzt hat, also das Programm der liberalen Achse aus MR und Open VLD", sagte Chastel.
Kay Wagner