Den Besuchern der diesjährigen Brüsseler-Automesse ist das Bild bekannt: Ein Bus, wenige Meter lang, der ganz ohne Fahrer einfach von allein eine vorgeschriebene Fahrtstrecke fährt. Stellt man sich dem Bus in den Weg, hält er automatisch an. Ohne dass ein Fahrer oder sonst wer auf die Bremse drückt.
Was im Januar als reines Vorführstück die Automesse bereicherte, befindet sich seit Dienstag im Wirklichkeitstest. In Han-sur-Lesse wird ein autonom fahrender Kleinbus drei Monate lang Besucher der Grotte vom Parkplatz zum Eingang der Höhlen fahren – und zurück.
Dem Bus ist die Strecke einprogrammiert worden. Aber auch hier kann er, wie auf der Automesse in Brüssel, auf unvorhergesehene Hindernisse reagieren. Das liegt an der intelligenten Technik, mit dem der Bus seine Umgebung beobachtet.
3D-Karte der Umgebung
Jean-Baptiste Latil D’Albertas, Chef-Entwickler der französischen Firma Navyas, die den Bus entworfen hat, erklärt: "Das Fahrzeug ist mit Sensoren ausgestattet, die ständig Lichtstrahlen aussenden. Diese Lichtstrahlen werden von den Gegenständen zurückgestrahlt, die sich um das Fahrzeug herum befinden.
Auf diese Wiese entwerfen die Lichtstrahlen eine dreidimensionale Karte von allen Objekten, die sich um das Fahrzeug herum befinden. Hindernisse wie zum Beispiel Fußgänger können auf diese Art erkannt werden."
Einige hundert Meter ist die Strecke nur lang, die der Bus im Realtest in Han-sur-Lesse zurücklegt. Trotzdem musste die Infrastruktur auf die Bedürfnisse des neuartigen Verkehrsteilnehmers angepasst werden.
Denn sobald der Bus mit anderen Autos das Verhalten im Verkehr abstimmen muss, wird es für ihn schwierig: "Für diesen Test haben wir die Verkehrsinfrastruktur extra anpassen müssen. Wir haben an einer Stelle eine Vorfahrt in ein Vorfahrt-Achten geändert, um die Abstimmung mit anderen Verkehrsteilnehmern auf ein Minimum zu beschränken", erklärt Benoît Godart, Sprecher des Instituts für Verkehrssicherheit, Vias.
Im Kleinen haben also schon die Vorbereitungen für den Test auf einer nicht sehr langen Strecke gezeigt, welche Herausforderungen der Einsatz von autonom fahrenden Fahrzeugen im Realverkehr mit sich bringt. Sie einfach in den Straßenverkehr zu integrieren halten Experten für keine gute Idee.
Vielmehr sagt Godart: "Wenn wir künftig Straßen ausbessern oder neu anlegen, ist es klar, dass wir auf die Bedürfnisse solcher autonom fahrenden Busse achten müssen. Die Infrastruktur muss ihnen die Möglichkeit geben, als normales Fahrzeug am Verkehr teilzunehmen."
Premier vom Premiere begeistert
Dass Belgien künftig auf die Technik der autonom fahrenden Busse, Pkw oder gar auch Lkw setzen will, das machte Premierminister Charles Michel am Dienstag deutlich. Er war extra nach Han-sur-Lesse gekommen, um an der Jungfernfahrt des autonom fahrenden Busses teilzunehmen.
Nach seiner ersten Fahrt zeigte sich der Premier begeistert – und stolz: "Wir gehören zu den ersten Ländern in Europa, die so ein Fahrzeug auf öffentlichen Straßen testen. Wir wollen damit versuchen, zu den Vorreitern dieser Technologie zu gehören. Das ist auch Teil unseres großen Investitionsplans für die Zukunft, bei dem die Verkehrspolitik eine große und entscheidende Rolle spielt."
Autonom fahrende Fahrzeuge sind weltweit auf dem Vormarsch – meist bislang aber nur in begrenzten Tests wie dem in Han-sur-Lesse. Bald schon sollen weitere Testfelder in Belgien eröffnen. Minibusse wie der in Han-sur-Lesse sollen bald schon – so war heute zu hören – in Waterloo und Rochefort die Fahrt aufnehmen. Ganz allein. Ohne Fahrer.
Kay Wagner