Was für eine Geschichte! Erstmal war es ja schon ein Knaller, als bekannt wurde, dass Stéphane Pauwels verhaftet worden war. Das war schon am Dienstagnachmittag. In die Öffentlichkeit gelangte die Meldung allerdings erst viel später. Stéphane Pauwels festgenommen, die Nacht hat er sogar hinter Gittern verbracht. Was ist da los?
Der nächste Knaller war dann, als herauskam, was eigentlich der Gegenstand der Ermittlungen ist. Denn es geht beileibe nicht um ein Kavaliersdelikt. Pauwels sei in einen Fall von "home invasion" verwickelt. "Home invasion", damit ist schwerer Hausfriedensbruch gemeint. Auch eine Waffe sei zum Einsatz gekommen. Bei der Aktion sei unter anderem auch Geld gestohlen worden. Deswegen kann man auch von einem bewaffneten Einbruch oder einem Raubüberfall sprechen.
Schwere Vorwürfe also gegen einen Mann, der in den letzten Jahren beim Privatsender RTL zum Star aufgestiegen war. Der inzwischen 50-jährige Stéphane Pauwels ist eigentlich ein Mann des Fußballs. Bekannt wurde er als Kommunikationschef beim Erstligisten Excelsior Mouscron. Richtig Karriere machte er dann in Frankreich als Spielerscout unter anderem für Metz, Monaco und Valenciennes.
Sein loses Mundwerk, seine direkte Art und sein Fachwissen machen ihn auch für die Medien zu einem dankbaren Gesprächspartner. Ab 2006 tritt er als ständiger Experte in der RTBF-Fußballtalkshow "La tribune" auf. Pauwels polarisiert, weil er sagt, was er denkt, aber das Publikum mag ihn dafür. Das spürt er und irgendwann scheint ihm die Rolle des Nebendarstellers nicht mehr zu reichen.
"Anchorman" bei RTL
Sein Bruch mit der RTBF ist ein Kult-Fernsehmoment in der frankophonen Medienlandschaft. Mitten in der Live-Sendung schmeißt Pauwels plötzlich seine Moderationskarten durch das Studio, packt seine Sachen, pöbelt noch ein bisschen und rauscht ab.
Das war am 29. Juni 2011. Nur etwas mehr als einen Monat später hat er dann seinen ersten Auftritt bei der Konkurrenz: Am 1. August 2011 moderiert er zum ersten Mal das Champions League-Magazin auf Club RTL. Jetzt ist Stéphane Pauwels der "Anchorman", wie es so schön heißt, der Hauptdarsteller.
Und er begrenzt sich da nicht auf die Sportsendungen. RTL-Belgien macht aus ihm seine neue Allzweckwaffe: Stéphane Pauwels moderiert unter anderem auch leichte Magazinsendungen, bei denen es um Gesellschaftsthemen oder Promis geht, wie zum Beispiel "Les orages de la vie". Bekannte Persönlichkeiten schildern hier die Schlüsselmomente, die ihrem Leben eine andere Wendung gegeben haben.
"Les orages de la vie", wörtlich übersetzt: "Die Gewitter des Lebens", kein Wunder, dass vor allem dieser Satz seit Mittwoch durch die Sozialen Netzwerke geistert. Jetzt erlebt Pauwels also sein eigenes "Gewitter".
Fans, wie auch diejenigen, die ihn nicht so sehr mögen, alle stellten sich da wohl dieselbe Frage: Wie kann es sein, dass ein bekannter Fernsehmoderator verwickelt sein soll in eine solche Geschichte, bei der es um einen Einbruch geht?
Nun, das Bild scheint jetzt ein bisschen klarer zu werden. Die Zeitung La Dernière Heure jedenfalls hat exklusiv mit den Opfern reden können.
Lektion für den Ex seiner Frau?
Demnach geht es in der ganzen Geschichte wohl um eine Frau. März 2017: Stephane Pauwels hatte eine neue Freundin. Ihr Ex-Liebhaber kam aber mit der Trennung nicht so richtig klar. Er habe tatsächlich versucht, die Frau noch einmal zu treffen, räumt er in der Zeitung ein. Daraufhin habe er aber giftige Anrufe und SMS von Pauwels bekommen.
Und La Dernière Heure zufolge gehen die Ermittler anscheinend davon aus, dass Pauwels dem Ex-Liebhaber seiner Frau eine Lektion erteilen wollte. Er habe also Leute auf den Mann angesetzt.
Nur waren das nicht irgendwelche Leute. Vielmehr sollen die zu einer Bande gehören, die schon länger im Visier der Behörden war. Mindestens fünf Mitglieder sind derzeit in U-Haft. Ihnen werden rund 20 "home invasions" zur Last gelegt. Auch sollen sie in Drogenhandel verwickelt sein - nicht unbedingt die vorzeigbarsten Leute also. Im Mittelpunkt soll ein ehemaliger Profiboxer stehen, dem längst ein zweifelhafter Ruf vorauseilt.
Einige von diesen Leuten sollen also in die Villa eingebrochen sein, in der besagter Ex-Liebhaber wohnt - ein schönes Anwesen in Lasnes, einem kleinen Ort in Wallonisch-Brabant mit einer hohen Dichte an gutbetuchten Einwohnern. Der Mann selbst war gar nicht zuhause, sondern nur ein Bekannter. Der wurde von den Einbrechern äußerst brutal misshandelt - bis sie ihren Irrtum erkannten und flohen. Zwar hätten sie auch Geld gestohlen, 300 bis 400 Euro, bei einer solchen Summe könne man aber davon ausgehen, dass ihre wahre Absicht eine andere gewesen sei, sagen die Opfer in La Dernière Heure.
Unter Auflagen auf freiem Fuß
Die Ermittler vermuten jedenfalls einen Zusammenhang mit Stéphane Pauwels. Der wurde zwar wieder auf freien Fuß gesetzt - allerdings unter Auflagen. Gegen ihn wird aber weiter ermittelt, dabei gilt aber natürlich bis auf Weiteres die Unschuldsvermutung. Und auch gegen die frühere Lebensgefährtin des Moderators Stéphane Pauwels ist Anklage erhoben worden. Ihr wird eine Beteiligung an einem schweren Einbruchdiebstahl vorgeworfen.
"Wir denken an Dich, Stéphane, hoffentlich bist Du bald wieder unter uns", sagte noch seine Kollegin Anne Ruwet in Club RTL. So schnell wird er aber wohl nicht mehr zu sehen sein. RTL hat Stéphane Pauwels bis auf Weiteres suspendiert.
Roger Pint