Auf vielen Titelseiten sieht man am Donnerstag eine Zahl: 334 Millionen Euro. Das ist die Summe, die die Belgier während der WM verzockt haben - das Ganze nochmal befeuert durch die guten Leistungen der Roten Teufel. Anscheinend haben die Belgier besonders viele Wetten auf das Auftaktspiel der Nationalmannschaft gegen Panama abgegeben.
Insgesamt 334 Millionen sind doch eine Hausnummer. Knapp ein Drittel, nämlich 130 Millionen Euro, haben die Spieler in "realen" Wettbüros oder in Kiosken ausgegeben, die restlichen 200 Millionen im Internet. Wenn man weiß, dass 300.000 Belgier bei den diversen Online-Wettbüros angemeldet sind, dann heißt das: Im Durchschnitt belief sich der Einsatz im Netz auf doch stattliche rund 670 Euro pro Nase.
300.000 Einzelspieler - das ist viel und nicht viel, sagt Peter Naessens, Direktor der Glücksspielkommission. Wenn man das mit Großbritannien vergleicht, der Zockernation schlechthin, dann ist das wenig. Dort haben sieben Millionen Menschen während der WM gewettet. Dennoch: Für belgische Verhältnisse sind 300.000 Spieler schon eine ganze Menge, da horcht man schon auf.
Wett-Industrie lässt einen nicht mehr los
Aufgehorcht hat auch die Suchtexpertin Professor Frieda Matthijs von der Freien Universität Brüssel (VUB). 300.000 Spieler, das sei in der Tat schon sehr viel. Was dann aber nochmal hinzukommt: Die Hälfte davon sind Neuspieler, also Leute, die erst in den letzten Wochen bei den Online-Wettbüros ein Konto eingerichtet haben. Und das sei dann doch eine bedenkliche Entwicklung, sagt die Psychiaterin in der VRT.
"Viele von diesen Neuspielern werden jetzt, nach der WM, nicht wieder aufhören zu wetten. Wenn man nämlich einmal bei einem solchen Wettportal angemeldet ist, dann bekommt man ja regelmäßig neue Angebote per Mail zugeschickt. Diese Wett-Industrie lässt einen nicht mehr los", sagt Frieda Matthijs.
Hälfte der Online-Zocker unter 29
Besonders problematisch sei das, wenn es sich bei den Neuspielern um junge Menschen handelt, sagt Frieda Matthijs. Und laut Glücksspielkommission war beinahe die Hälfte der Online-Zocker unter 29 Jahre alt. In jungen Jahren ist man impulsiver und lässt sich oft auch von seinen Emotionen leiten. Und im Zusammenhang mit Sportwetten bewegt man sich da irgendwann auch in Richtung eines problematischen Verhaltens, einer Sucht.
Auch deswegen war ja vor einigen Wochen eine Polemik entbrannt. In den großen Fernsehsendern lief nämlich während der Halbzeitpausen auffallend viel Werbung für Online-Wettportale. Die zuständigen Minister standen deswegen in der Kritik. Viel passiert ist seither aber noch nicht.
Roger Pint