Welche Krankenkasse wie viel vom Kuchen abbekommt, hängt mit der Zahl ihrer Reintegrationsmaßnahmen zusammen. Dabei sollen die Krankenkassen genau hinschauen, welche Langzeitkranken wieder arbeiten gehen können. Mit der möglichen Reform will Gesundheitsministerin Maggie De Block etwas gegen die stark gestiegene Zahl der Langzeitkranken unternehmen, schreiben die beiden Wirtschaftszeitungen L'Echo und De Tijd.
Rund 400.000 Belgierinnen und Belgier sind schon länger als ein Jahr krankgeschrieben. Ein Teil von ihnen könnte wieder in ihren Beruf zurückkehren. Entweder durch Anpassungen an ihrem Arbeitsplatz oder in einer anderen Funktion als vorher. Andere wiederum könnten wieder arbeiten, aber dann in einem anderen Unternehmen.
Und bei dieser Reintegration der Langzeitkranken sollen die Krankenkassen mithelfen und dementsprechend belohnt werden. Für die Finanzierung der Krankenkassen sollen die Zahl der Mitglieder, die wieder arbeiten und die Zahl der Neuevaluierungen miteinfließen. Das ist dann De Blocks Zuckerbrot.
Zuckerbrot und Peitsche
Doch es gibt auch die Peitsche. Die 25 Millionen Euro, die De Block für Reintegrationsmaßnahmen zur Verfügung stellen will, müssten an anderer Stelle eingespart werden. Und das soll dann so aussehen: Für die komplizierte Berechnung der Krankenkassendotationen ist unter anderem die Zahl der Mitglieder ausschlaggebend. Und manche Mitglieder wiegen da schwerer als andere. Langzeitkranke werden bisher mit dem Faktor 1,5 gerechnet, ergo, die Krankenkassen bekommen für sie mehr Geld.
Nach Ansicht von De Block sei das ein falscher Anreiz, denn so hätten Krankenkassen ein finanzielles Interesse daran, viele Langzeitkranke zu haben. Mit der Reform sollen die Langzeitkranken wie ein gewöhnliches Mitglied kalkuliert werden.
Auch an anderen Stellen will De Block eingreifen. Bislang erhalten Krankenkassen mehr Geld für arbeitslose Mitglieder. Das soll jetzt auch vorbei sein. Genauso wie sonderbare Regelungen, beispielsweise die Extrazulage für Nonnen. Mit der Reform soll nicht einfach Geld gespart, sondern die Vergütung der Krankenkassen transparenter gemacht werden, heißt es.
Nach derzeitigen Berechnungen würde die Christliche und die Freie Krankenkasse zu den Gewinnern gehören und sechs beziehungsweise fünf Millionen Euro mehr bekommen. Die sozialistische Krankenkasse würde hingegen zwölf Millionen Euro verlieren.
Löcher stopfen?
Es mag ein Zufall sein, oder auch nicht. Zu den ersten Kritikern der Reform gehört Ahmed Laaouej, Fraktionschef der sozialistischen PS in der Kammer. Es entstehe der Eindruck, als ob die Menschen sich aussuchen würden, krank zu sein und die Krankenkassen froh über jeden Langzeitkranken seien, so Laaouej.
Der vermutet ganz andere Gründe hinter De Blocks Reform. Die Gesundheitsministerin sei von der Michel-Regierung damit beauftragt worden, koste es, was es wolle, die Löcher zu stopfen, die man mit der massiven Unterfinanzierung der sozialen Sicherheit überhaupt erst geschaffen habe. Laaouej spricht von mehr als sechs Milliarden Euro, die dort fehlen würden.
Aus dem Kabinett von Gesundheitsministerin Maggie De Block hat man auf das geleakte Dokument bislang noch nicht reagieren wollen.
Volker Krings