"Auch wenn ich meine Tochter nie wieder sehen werde, würde es mich glücklich machen, auch nur ein Kind seiner Familie zurückgeben zu dürfen", erklärt Jean-Denis Lejeune, Vater der von Dutroux ermordeten Julie am 31. März 1998. Child Focus geht an den Start.
Es ist die Einlösung eines Versprechens von Jean-Denis Lejeune, gegeben zwei Jahre zuvor, im Oktober 1996 auf dem Weißen Marsch vor Hunderttausenden Menschen. Auch der damalige Premierminister Jean-Luc Dehaene versprach noch am gleichen Abend: Man werde Kontakt mit einem Zentrum für vermisste und missbrauchte Kinder in Washington aufnehmen und so etwas auch in Europa gründen - und zwar in Belgien.
20 Jahre später erinnert sich Jean-Denis Lejeune, warum sich etwas ändern musste. "Ich habe mir angeschaut, was alles bei der Suche nach den entführten Kindern schiefgelaufen ist, und habe mir gesagt: Wir brauchen unbedingt eine professionelle Struktur. Wir müssen ab dem ersten Moment dran sein und wir müssen die Familien unterstützen. Das alles gab es damals nicht."
500 Ehrenamtliche
Seit seiner Gründung hat Child Focus Zehntausende Vermisstenanzeigen gedruckt und verteilt, über ihre Notrufnummer fast 900.000 Anrufe entgegengenommen und 68.000 Fälle von vermissten oder sexuell missbrauchten Kindern bearbeitet.
Polizei und Justiz hatten am Anfang noch Berührungsängste und wollten auf gar keinen Fall mit Child Focus zusammenarbeiten, erinnert sich Heidi De Pauw, von Anfang dabei und inzwischen Direktorin von Child Focus. 50 Hauptamtliche und 500 Ehrenamtliche arbeiten inzwischen für Child Focus.
20.000 Kinder wiedergefunden
Die stolze Bilanz ihrer Arbeit: 20.000 Kinder wurden wiedergefunden, wie zum Beispiel 2006 der damals neunjährige David Henriet aus Verviers. David wurde einen Tag nach seiner Entführung in Surister bei Jalhay wiedergefunden - lebend.
Andere hatten weniger Glück. Zu den bekanntesten Fällen gehören die von Stacy Lemmens und Nathalie Mahy aus Lüttich und der von Béatrice Berlaimont aus Arlon. Sie alle wurden tot aufgefunden. Und trotz der tragischen Fälle ohne Happy End: Jean-Denis Lejeunes Versprechen, wenigstens ein Kind zu retten, hat Child Focus gehalten.
Damit man noch effektiver sein kann, geht auch Child Focus mit der Zeit. Zum 20-Jährigen hat die Zuckerfabrik Tirlemont das berühmte Kind auf der Verpackung ihres Kinderzuckers symbolisch "verschwinden lassen". Gesprochen wird der Werbespot von einem jungen Mann, der selbst einmal entführt wurde. Im Spot bittet er darum, die Child Focus Vermisstenanzeigen zu teilen.
Volker Krings