König Albert II. hofft, dass die Gemeinschaften und Regionen in unserem Lande neue Formen der Zusammenarbeit finden. Dies sagte der König in seiner traditionellen Ansprache zum Nationalfeiertag.
Gemeinschaftspolitische Spannungen hätten unser Land auf die Probe gestellt und die vorgezogenen Neuwahlen hätten bedeutende politische Verschiebungen mit sich gebracht. Jetzt müsse man aber in die Zukunft blicken, so der Monarch. Jeder müsse sich in den neuen Staatsstrukturen wohlfühlen.
Vor diesem Hintergrund rief der König dazu auf, neue Formen des Zusammenlebens vorzubereiten, die strittigen Fragen aus dem Weg zu räumen und ein neues Gleichgewicht zwischen Föderalstaat und Gliedstaaten zu finden.
König Albert rief auch dazu auf, Wirtschaft und Beschäftigung zu stärken und den belgischen EU-Vorsitz zu konkreten Maßnahmen zu nutzen. Schließlich unterstrich der König die Bedeutung der Partnerschaft Belgiens mit seiner ehemaligen Kolonie Kongo.
Königsansprache zum Nationalfeiertag
"Meine Damen und Herren,
Traditionsgemäß gibt unser Nationalfeiertag mir die Gelegenheit, einige Themen aufzugreifen, die wichtig für unser Land sind. In diesem Jahr möchte ich zunächst über die Perspektiven sprechen, die die neue Legislatur uns bietet. Anschließend werde ich unsere Reise in den Kongo anlässlich des 50. Jahrstages der Unabhängigkeit dieses Landes erwähnen. Und schließlich will ich den belgischen Ratsvorsitz der Europäischen Union behandeln.
Unser Land wurde von gemeinschaftspolitischen Spannungen erschüttert. Sie führten zu vorgezogenen Neuwahlen, die bedeutende politische Verschiebungen mit sich brachten. Jetzt ist es wichtig, sich der Zukunft zuzuwenden.
Es ist erforderlich, über neue Formen des Zusammenlebens für unsere Regionen und Gemeinschaften nachzudenken, in denen jeder sich wohlfühlen kann. Die schmerzlichen Fragen, die Zwietracht säen, müssen geschlichtet werden. Man muss neue Gleichgewichte zwischen dem Föderalstaat und den Gliedstaaten finden. Gleichzeitig brauchen wir unsere ganze Energie zur Ankurbelung unserer Wirtschaft und des Arbeitsmarkts. Das erwarteten unsere Mitbürger von allen politisch Verantwortlichen auf jeder Machtebene.
Die sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen sind zahlreich. Ich möchte drei unter vielen nennen. Um unsere Sozialsicherheit zu erhalten, muss der Beschäftigungsgrad der Bevölkerung angehoben werden. Um die Stabilität unserer Wirtschaft zu garantieren, ist eine Rückkehr zu einem ausgewogenen Staatshaushalt erforderlich. Es wurde bereits beschlossen, dies im Jahr 2015 zu erreichen. Zur Rettung und Förderung der Beschäftigung muss die Wettbewerbsfähigkeit verbessert werden.
Die Königin und ich waren von dem herzlichen Empfang im Kongo sehr angetan. Wir haben die Freundschaft gespürt, die das kongolesische Volk für Belgien empfindet, mit dem es eine lange gemeinsame Geschichte verbindet.
Ich habe den Kongolesen, mit denen wir gesprochen haben, sagen können, wie sehr wir den Mut und das Durchhaltevermögen der Bevölkerung bewundern. Und das im Laufe einer Geschichte, die sowohl glückliche Augenblicke wie diesen Jahrestag, aber auch schwierige und manchmal dramatische Zeiten gekannt hat. Diese Bewunderung betrifft die gesamte Bevölkerung, ein junges und lebendiges Volk, wobei die Rolle der Frauen besonders gewürdigt werden muss. Neben dem Haushalt arbeiten sie auch für den Fortbestand ihrer Familie, doch in gewissen Regionen werden sie Opfer.
Wir haben dort zahlreiche Landsleute, Entwicklungshelfer, Geistliche und Geschäftsleute getroffen, die alle eine prächtige Arbeit zum Nutzen der Bevölkerung leisten. Schließlich haben wir den kongolesischen Behörden eine neue aufrichtige und konstruktive Partnerschaft angeboten, die den Bedürfnissen der kongolesischen Bevölkerung entspricht, und die die neuen Institutionen unterstützt, die das Land sich auf demokratische Weise gegeben hat.
Wir hoffen, dass eine solche Partnerschaft zwischen unseren Ländern dazu beitragen wird, den Frieden in Zentralafrika, das so sehr gelitten hat, zu festigen. Dieser Friede ist von größter Bedeutung für die unverzichtbare wirtschaftliche und soziale Entwicklung, an der unser Land aktiv mitarbeiten will.
Der belgische Ratsvorsitz der Europäischen Union hat soeben begonnen. Ich möchte einige Themen dieses Vorsitzes hervorheben. Zuerst die europäische Strategie für Wirtschaftswachstum und Beschäftigung, auch "Europa 2020" genannt. Es geht darum, den Beschäftigungsgrad der Männer und Frauen zwischen 20 und 64 Jahren auf 75 Prozent zu erhöhen, die Investitionen in Forschung und Entwicklung auf drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts anzuheben und die CO²-Emissionen gegenüber 1990 um 20 Prozent zu senken. Diese Ziele dürfen kein frommer Wunsch bleiben. Sie müssen in den verschiedenen Mitgliedsländern, auch bei uns, von konkreten Ausführungsbestimmungen begleitet und von der Union beaufsichtigt werden.
Es geht auch darum, auf dem Gebiet des Unterrichtswesens bessere Resultate zu erzielen, den sozialen Zusammenhalt zu stärken und die Armut in diesem Internationalen Jahr der Bekämpfung der Armut und des Kampfes gegen die soziale Ausgrenzung zu verringern. Unser Vorsitz wird dafür sorgen, dass Europa auf den Gebieten der Sicherheit und der Justiz Fortschritte macht.
Im Rahmen dieses Vorsitzes wollen die Königin und ich, sowie andere Mitglieder unserer Familie, verschiedenen europäischen Versammlungen und Seminaren über spezifische Themen beiwohnen, wie Familienpolitik, Bekämpfung der Armut und des Menschenhandels, den Ausbau eines europäischen Child Focus und die europäische Politik zugunsten von Behinderten.
Für jedes Thema, über das ich gerade sprach, ist es unsere Aufgabe, einen aufbauenden Dialog sowie gegenseitigen Respekt zu fordern: sowohl zwischen unseren Gemeinschaften und Regionen, als auch zwischen den europäischen Mitgliedsstaaten, und in unseren Beziehungen zum Kongo.
Mit diesem Vorsatz wünschen die Königin, ich selbst, sowie unsere ganze Familie Ihnen einen frohen und behaglichen Nationalfeiertag."
Übersetzung: Albert Schoenauen, Bild: belga
Es ist doch nett, wenn wir 73000 "Deutschsprachige Wallonen" von unserem König mit zwei Sätzen in deutscher Sprache bedacht werden.