Stein des Anstoßes ist ein Brief, den der 26-jährige Sam von der Uni-Klinik in Löwen erhalten hat. Dort wollte er sich einer Augenoperation unterziehen. In dem Brief wurde er nun vor die Wahl gestellt. "Bei Patienten in einem Einbettzimmer wird der Eingriff garantiert vom Professor selbst ausgeführt. Bei Patienten, die in einem Mehrbettzimmer liegen, können einige Eingriffe unter der Wahrung der gleichen Qualität von anderen Mitarbeitern, Assistenten oder Ärzten in Ausbildung vorgenommen werden", war da geschrieben.
Für Ilse Weeghmans, Geschäftsführerin der flämischen Patientenplattform, ist das nichts Neues. In der VRT sagte sie: "Wir haben schon früher Klagen von Patienten darüber gehört, dass ihnen von der Uni-Klinik Löwen mitgeteilt worden ist, dass sie ein Einbettzimmer nehmen müssten, um sicher zu sein, auch vom Professor, also vom Chefarzt selbst, behandelt zu werden. Was natürlich Extrakosten mit sich bringt für den Patienten. Und genau das bedauern wir, nämlich dass es vom Portemonnaie des Patienten abhängt, ob er vom Chefarzt behandelt wird, oder nicht."
Die Uni-Klinik distanzierte sich nicht sofort von dieser Praxis. "Wir sind eine Ausbildungs-Klinik", rechtfertigte sich Chefarzt Johan Van Eldere in "De Morgen". Die Patienten könnten tatsächlich wählen zwischen einem Eingriff, der als privat abgerechnet wird, oder einem, der nicht privat abgerechnet werde. An der Qualität des Eingriffs ändere das nichts, so Van Eldere.
Gleicher Ton bei Professor Marc Decramer, Geschäftsführer der Uni-Klinik. Er sagte: "Die komplexeren Eingriffe nimmt ein Festangestellter oder Professor vor, und die weniger komplexen Eingriffe führt ein Assistent aus. Bei einem privaten Patienten führt der Professor im Prinzip alle Eingriffe selbst aus. Aber alles führt immer zum gleichen Ergebnis."
Und dann doch ein Hinweis darauf, dass man an der Uni-Klinik wohl gemerkt hat, eine gewisse Grenze überschritten zu haben. Denn Decramer sagte auch: "Die Formulierung in dem Brief entspricht nicht dem, was wir hier wollen, und ist nicht vereinbar mit unseren allgemeinen Regeln. Wir haben den Brief inzwischen auch widerrufen. Sein Inhalt soll jetzt überarbeitet werden."
Reaktion der Politik
Vielleicht war das schon eine Wirkung der harten Worte, die Gesundheitsministerin Maggie De Block (OpenVLD) auf die Meldung aus Löwen gefunden hatte. Solch eine Praxis sei gesetzeswidrig und könne auf keinen Fall durchgehen, sagte De Block. Die geltenden Gesetze seien eindeutig. Sie würde vorschreiben, dass die Qualität der ärztlichen Versorgung in Krankenhäusern immer die bestmögliche sein müsse, egal in welcher Art von Zimmer der Patient untergebracht sei.
De Block kündigte an, die Sache in Löwen eventuell von der Staatsanwaltschaft untersuchen zu lassen.
Für Karin Jiroflée von der oppositionellen SP.A ist De Blocks Poltern aber nicht genug. Jiroflée weist darauf hin, dass Krankenhäuser gutes Geld mit der Belegung von Einbettzimmern verdienen. Denn von dem zusätzlichen Honorar, das Ärzte für die Behandlung in Einbettzimmern verlangen können, müssen sie einen Teil an das Krankenhaus abtreten. Das habe also ein Interesse daran, dass möglichst viele Patienten in Einbettzimmern von Chefärzten behandelt würden.
Ministerin De Block, so fordert Jiroflée, solle dafür sorgen, dass dieses System beendet werde. Krankenhäuser dürften finanziell nicht mehr abhängig sein von den Zusatzhonoraren der Ärzte. "Nur auf diese Weise können wir gegen diese Zwei-Klassen-Medizin vorgehen", so Jiroflée.
Kay Wagner