Die Gastronomen scheinen sich nicht gerne auf die Finger, sprich in die Kasse, schauen zu lassen. Kein Wunder, denn üblicherweise laufen 20 bis 25 Prozent des Umsatzes am Fiskus vorbei, so der Generalsekretär des belgischen Restaurantverbandes. Und in einem System, in dem Steuerhinterziehung eine lange Tradition hat, ist es eben schwer, dagegen anzugehen.
Gerade mal 80 Prozent der Kneipen und Restaurants haben bisher überhaupt eine betrugssichere Registrierkasse angeschafft, viel wichtiger in diesem Zusammenhang ist aber, dass nur die Hälfte aller Betriebe sie richtig angeschlossen hat, also auch mit dem Finanzamt verbunden ist. Nur wenn sie richtig angeschlossen sind, zeichnen diese Kassen - ähnlich wie ein Flugschreiber - jede Bestellung oder Buchung auf. Daher auch die Bezeichnung "Black Box" oder "schwarze Box". Klar, dass viele Wirte das nicht wollen.
Wettbewerbsverzerrung
Der belgische Restaurantverband beklagt deshalb jetzt auch eine deutliche Wettbewerbsverzerrung. Diejenigen, die nicht nach den Regeln spielen, schaden natürlich den ehrlichen Gastwirten, denn wer jedes Glas Bier und jede Grillwurst versteuert, muss zwangsläufig die Preise erhöhen.
Daher fordert der Branchenverband, dass alle Protagonisten mitspielen, also nicht nur die Betreiber, sondern auch die Lieferanten, für die dieses Kassensystem nicht verpflichtend ist, die Gäste, die bereit sein müssten, mehr für Speis' und Trank zu bezahlen und schließlich auch die Politik, die mehr Kontrollen durchführen müsste, um den Betrug zu erschweren und die vor allem eins tun müsste: Die Mehrwertsteuer senken.
Bei Einführung der schwarzen Box bestand die Befürchtung, dass sie ein großes Kneipensterben verursachen werde - und in der Tat ist die Befürchtung nicht ganz unberechtigt gewesen. In Schweden, wo dieses Kassensystem auch vor einigen Jahren eingeführt wurde, sind 50 Prozent der Betriebe im Horeca-Sektor pleite gegangen. Aber: Die, die überlebt haben, machen deutlich mehr Umsatz und beschäftigen viel mehr Leute. Und auch das war ja ein Ziel: Schwarzarbeit bekämpfen und richtige Arbeitsplätze schaffen.
Billige Arbeitskräfte
Das ist hier in Belgien teilweise gelungen. Seit Anfang 2016 ist die Zahl der Festangestellten im Horeca-Sektor von 72.000 auf 79.000 gestiegen. Das sind etwa zehn Prozent mehr. Andererseits ist die Zahl der Flexijobber auch deutlich nach oben gegangen. Klarer Hinweis, dass ein Teil der Branche auf billige Arbeitskräfte setzt, um bei den Personalkosten zu sparen.
Um das Minus auf der Einnahmenseite durch die schwarze Box wieder aufzufangen, sind die Wirte mitunter sehr erfindungsreich, was das Tricksen angeht. Zum Beispiel werden gerade an Sonn- und Feiertagen häufig Pannen an der Kasse gemeldet - Tage, an denen niemand erreichbar ist, der die Panne beheben könnte. Und so ist zumindest schon mal ein Tag gewonnen, an dem der Fiskus die Umsätze nicht kontrollieren kann.
Auch die Öffnungszeiten werden hier und da leicht gekürzt und die Zeiten für den Mittagstisch reduziert - das bringt dann leichte Einsparungen bei den Personalkosten. Auch beim Kochen kann man sparen, indem man eben nicht mehr alles selbst kocht, sondern neue Vertriebswege ausprobiert, wie zum Beispiel über Lieferdienste im Netz.
llb/sh/mg