Über 1.000 Stellenstreichungen sind demnach in den Hypermärkten vorgesehen. Am belgischen Hauptsitz des französischen Unternehmens in Evere sollen bis zu 180 Jobs wegfallen.
Die verlustbringenden Hypermärkte Belle-Île in Angleur bei Lüttich und in Genk sollen nach Gewerkschaftsangaben aufgelöst werden. Drei Hypermärkte - Westerlo, Brügge Sint Kruis und Haine-Saint Pierre - werden zu Supermärkten. Turnhout soll verkleinert werden. Landesweit will Carrefour rund 30 Market-Supermärkte und Express-Geschäfte neu eröffnen. Dazu kommen noch 70 e-commerce-Abholstellen.
Neben dem Abbau von 2.400 Stellen in Frankreich hatte Carrefour am Dienstag einen radikalen Strategieschwenk angekündigt. So ist ein deutlicher Ausbau des Bio-Segments und des Online-Verkaufs von Lebensmitteln geplant.
Gewerkschaften reagieren enttäuscht
Die Gewerkschaften reagierten mit Enttäuschung auf die Ankündigung. Die Betroffenen Carrefour-Mitarbeiter könnten das Ausmaß des Job-Abbaus nicht nachvollziehen. Es sei jetzt schon die dritte Umstrukturierung in einem Zeitraum von zehn Jahren, erklärte ein Sprecher der Sozialistischen Gewerkschaft. Außerdem gebe es noch viel Ungewissheit über die Details. In mehreren Carrefour-Niederlassungen in Brüssel und der Wallonie legten die Mitarbeiter nach der Veröffentlichung der Mitteilung spontan die Arbeit nieder.
Die Gewerkschaften wollen die Aktionen zwar unterstützen. Ein Aufruf zum Streik sei aber nicht vorgesehen. Dies sei in der aktuellen Lage nicht sehr klug, hieß es.
Im Hennegau sind alle Carrefours am Donnerstagabend dicht. Im Raum Brüssel sollen die Hypermärkte ebenfalls von Arbeitsniederlegungen betroffen sein. Auch auf flämischer Seite entstanden spontane Aktionen, zumal in dem von der Schließung betroffenen Carrefour in Genk. Die Spontan-Aktionen würden wohl bis zum Montag andauern, hieß es weiter.
Föderalpolitiker schockiert von Entlassungswelle bei Carrefour
Die Föderalpolitik hat schockiert und überrascht auf das Ausmaß der von Carrefour angekündigten Entlassungswelle reagiert. Arbeitsminister Kris Peeters kündigte an, vorzeitig vom Weltwirtschaftsforum in Davos nach Belgien zurückzukehren, um vor Ort Gespräche mit der Unternehmensleitung und Gewerkschaften aufnehmen zu können.
Oppositionspolitiker sparten in der Kammer nicht mit Kritik an der Regierung. Auch sie sei verantwortlich dafür, dass jetzt so viele Menschen von der Entlassung bedroht seien. "Das ist ein Schock, den wir heute erleben. Ein neuer Sozial-Schock." So empört wie Marco Van Hees von der PTB zeigten sich auch andere Oppositionspolitiker, Minuten, nachdem die Pläne von Carrefour bekannt geworden waren.
Die Regierung mache einfach zu wenig, um Szenarien wie am Donnerstag zu vermeiden. Dabei hätte es doch bereits genügend Beispiele dafür gegeben, wie multinationale Unternehmen mit Arbeitnehmern umspringen. Jüngste Beispiele seien 2016 Caterpillar und ING mit tausenden Entlassungen gewesen.
Nichts habe die Regierung daraus gelernt - oder lernen wollen. Zur anwesenden Budgetministerin Sophie Wilmès, die Arbeitsminister Kris Peeters und Premierminister Charles Michel vertrat, sagte Marco Van Hees: "Sie haben hier eine Regierung, eine Politik, die ich politische Blindheit nenne. Sie geben multinationalen Unternehmen Geschenke, Geschenke und nochmals Geschenke. Aber wenn man streng mit ihnen sein und Entlassungen verhindern muss, dann sind Sie plötzlich nicht mehr da."
Keine Niederlassungen in der Region betroffen, Befürchtungen um Malmedy
Der massive Stellenabbau bei Carrefour könnte Auswirkungen auf den Hypermarkt in Malmedy haben. Zwar ist dort nicht von Schließung die Rede, aber die Gewerkschaften schließen nicht aus, dass sich die Arbeitsbedingungen im Rahmen der globalen Umstrukturierungen ändern könnten. Es sei unter anderem die Rede davon, die Öffnungszeiten am Sonntag zu erweitern.
Anders verhalte es sich bei den Märkten in Lontzen, Kelmis, Eupen, St. Vith und Bütgenbach. Sie sind Teil eines Franchising-Systems und gehören nicht zum Carrefour-Personal, sind also von den Maßnahmen nicht betroffen.
Der BRF-Redaktion sprach mit Vera Hilt von der CNE über den Stellenabbau und fragte sie nach den Konsequenzen in der Region.
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