Ein Schuss, ein elektronischer Schock, der vermeintliche Täter fällt zu Boden: So funktionieren Taser. Ein gutes Mittel, um aus der Distanz andere Personen handlungsunfähig zu machen. Zumindest für eine kurze Dauer.
Das hört sich eigentlich ganz gut an als Waffe für Polizisten. Denn die haben bislang als Kampfgerät nur drei Möglichkeiten, wie David Quinaux, Sprecher der Polizeizone von Charleroi, erklärt. Da ist zum einen der Pfefferspray als das mildeste Mittel gegen Angreifer. Er wird in die Augen gesprüht. Tränende Augen sollen den Angreifer außer Gefecht setzen. Danach kommt der Schlagstock als schon schmerzhaftere Waffe. Und dann ist man schon bei der Pistole. Aber die, so Quinaux, hat den Nachteil, dass sie meist verhängnisvolle Folgen hat. Deshalb wird von der Pistole auch nur im seltesten Fall Gebrauch gemacht.
Ist der Taser eine gute Zwischenlösung zwischen gefährlichem Nahkampf mit Spray oder Schlagstock und der Extremwaffe? Grundsätzlich ja, sagt Quinaux. Aber an dem Taser-Test in Belgien wollten er und seine Polizei-Kollegen aus Charleroi dann doch lieber nicht teilnehmen. Quinaux begründet: "Es wurde keine Risikoanalyse vorgelegt. Wir hätten aber gerne etwas über die Risiken gewusst. Auch darüber, in welchen Situationen man den Taser auf keinen Fall anwenden soll. Einige Organisationen sprechen von mehreren Toten in den USA. Wir hätten uns gewünscht, dass man unsere Bedenken beruhigt hätte."
Das mit den Toten in den USA geht auf Angaben von Amnesty International zurück. Laut der Menschenrechtsorganisation hat der Einsatz von Tasern in den USA zwischen den Jahren 2000 und 2008 50 Menschen das Leben gekostet. Denn einen Elektroschock aus einem Taser steckt nicht jeder einfach nur mit einer zeitweiligen Handlungsunfähigkeit weg.
Und genau wegen dieser Gefahr, dass der Taser quasi wörtlich über sein Ziel hinausschießt, Menschen also nicht nur außer Gefecht setzt, sondern sie verletzt oder sogar tötet, genau deswegen sind auch Polizeigewerkschaftler skeptisch. Patrick François, Sprecher der Polizeigewerkschaft der CGSP Amio, sagt: "Wenn der Einsatz des Tasers verhängnisvolle Folgen für die Person hat, auf die geschossen wurde, oder sie schwere Verletzungen erleidet, was passiert dann mit dem Polizisten?"
Sorgen, die Marc Garin als Polizeichef der Polizeizone Mons-Quévy nicht teilt. "Das ist doch das gleiche wie beim Einsatz einer Schusswaffe“, sagt er der RTBF. "Juristisch gesehen haben wir doch auch beim Gebrauch der Pistole immer ein Problem."
Garin hat sich dafür entschieden, dass seine Polizeizone an dem Taser-Versuch teilnimmt. Geholfen hat im grenznahen Mons auch der Erfahrungsaustausch mit französischen Polizisten. In Frankreich werden Taser seit 2004 von der Polizei eingesetzt. "Ich denke, man muss das einfach mal ausprobieren, den Versuch wagen. Die hundertprozentige Sicherheit werden wir nie haben. Gehen wir die Sache also mal an, und vor allem auf dem Hintergrund und im Vergleich mit unseren französischen Kollegen. Das Risiko ist meiner Meinung nach minimal", sagt Garin .
Auch Lüttich, Antwerpen, und die Brüsseler Polizeizonen Midi und West mit unter anderem dem Problemviertel Molenbeek gehören zu den 14 Polizeizonen, in denen Taser getestet werden. Die Auswertung des Pilotprojekts soll Klarheit schaffen, ob danach Taser auch ganz regulär von der Polizei im Alltag eingesetzt werden können. Mit all den Risiken, die sie anscheinend mit sich bringen.
Kay Wagner