Der Rohstoff für Schokolade ist Kakao - und Kakaopflanzen wachsen nicht überall. Eigentlich nur auf einem bestimmten Gebiet der Erde, so etwa zwischen dem 10. und 15. Breitengrad nördlich und südlich des Äquators.
Die Elfenbeinküste und das Nachbarland Ghana in Westafrika sind die Hauptproduzenten von Kakao. Rund 60 Prozent der weltweiten Kakaomasse kommen aus diesen Ländern. Fällt die Ernte mal etwas schlechter aus, macht sich das direkt auf dem Weltmarkt bemerkbar.
In den vergangenen Jahren war es in den Kakao-Gebieten der Elfenbeinküste und Ghanas wiederholt zu Ernteausfälle gekommen. Grund: ungewöhnliche Trockenheit. Und die wird zunehmen, sagt die jetzt veröffentlichte Studie der US-Wetter- und Ozeanografiebehörde (NOAA). Wenn bis 2050 die Temperatur in Westafrika um zwei Grad gestiegen ist, wird es dort keine Kakaopflanzen mehr geben.
Panikmache?
Panikmache - so lässt sich die Meinung von Pierre Marcolini dazu zusammenfassen, und Irreführung. Der belgische Star-Chocolatier glaubt nicht an das Ende der Kakaopflanze aufgrund der Erderwärmung. Solche Studien mit diesen Ergebnissen würden vielmehr gemacht, um neue, genveränderte Kakaopflanzen einzusetzen, sagt Marcolini gegenüber der RTBF.
Eine Studie im Auftrag der Industrie? Zumindest wurde sie von Wissenschaftlern erstellt, die an der Herstellung von klima- und krankheitsresistenten Kakaopflanzen arbeiten. Die Forschung an diesen genveränderten Kakaopflanzen wird zum Teil vom US-amerikanischen Süßigkeitshersteller Mars finanziert. Eine Milliarde Dollar stellt der Nahrungsmittelgigant dafür zur Verfügung, berichtet der deutsche Sender N-TV.
Was Mars und Konkurrenten mit veränderten Kakaopflanzen erreichen wollen, ist klar: Sie wollen schneller und zuverlässiger Kakao produzieren. In der Elfenbeinküste ist deshalb schon eine solche veränderte, quasi industrielle Kakaopflanze im Einsatz: Die Erträge von der "Mercedes" genannten Sorte waren im Sommer so hoch, dass wegen der plötzlichen Überproduktion die Kakaopreise an den internationalen Handelsbörsen um 40 Prozent in den Keller fielen.
Industrielle Kakaopflanzen
Doch solche industriellen Kakaopflanzen haben einen großen Nachteil: nämlich den fehlenden Geschmack der Kakaofrucht. Marcolini erklärt das so: "Man muss wissen, dass eine normale Kakaopflanze nach fünf Jahren ihre erste Frucht hervorbringt. Die industrielle Kakaopflanze trägt schon nach 18 Monaten die erste Frucht. Aber die Natur ist nicht so einfach zu überrumpeln: Wenn man sie zusammenstaucht, kommt zwar ein Produkt heraus. Aber ein Produkt, das absolut keinen Geschmack mehr hat."
Das sagen auch andere Experten. Um den Schokoladengeschmack trotzdem ins Produkt zu bekommen, würden Industrieunternehmen Zucker und chemische Zusatzstoffe verwenden, was Fettleibigkeit und Diabetes fördert. So schreibt es jetzt kritisch die Schweizer Zeitung "Le Temps".
Zu wenig Geld für Kakaobauer
Für Marcolini liegt das Problem mit dem Kakao deshalb auch nicht unbedingt an der Erderwärmung. "Das Problem liegt ganz einfach darin, dass man den Kakaobauern zu wenig Geld zahlt. Und wenn man sie nicht gut genug entlohnt, passiert folgendes: Die jungen Menschen verlassen die Plantagen, die älteren haben keine Lust oder Kraft mehr, weiterzumachen. Deshalb wird es tatsächlich zu einem Mangel an Kakao kommen. Aber nicht wegen des Klimas, sondern weil man den Kakaobauern nicht genug Geld zahlt."
Westliche Unternehmen, die mit Massenwaren ihren Gewinn machen, haben natürlich kein Interesse daran, den Kakaobauern mehr Geld zu bezahlen. Sie setzen auf die frei werdenden Kakaoplantagen, um dort ihre künstlich gezüchteten Pflanzen mit schneller Rendite, aber wenig schmackhaften Früchten hinsetzen zu können.
Für die Chocolatiers wird das bedeuten: Es wird immer schwieriger werden, richtig guten Kakao zu bekommen. "Wir werden sicher bei den Preisen härter verhandeln müssen, denn sie werden steigen", sagt Myriam Wittamer, Geschäftsführerin beim Brüsseler Nobel-Chocolatier Wittamer. "Und wir werden vielleicht auch einige Rezepte ändern müssen, wobei wir auf jeden Fall weiter nur 100 prozentige Kakaobutter einsetzen werden."
Außerdem müsse man den Verbraucher in Zukunft wohl noch besser informieren, um ihm klarzumachen, worin der Unterschied zwischen der Schokolade eines Chocolatiers und einer industriell hergestellten Schokolade liegt, sagt Myriam Wittamer.
Kay Wagner