"Och, eins darf ich sicher noch". Das dürfte wohl einer der meist gehörten Sätze nach Mitternacht sein. Und dann rechnet man zusammen, nach dem Motto: Gegen sieben habe ich ein Gläschen getrunken, danach beim Essen noch ein Weinchen (oder waren es zwei?) und dann noch eins ... Sollte passen.
Einer von zwei Autofahrern macht eine solche Rechnung auf. Das hat eine Studie des Instituts für Straßenverkehrssicherheit (Vias) ergeben. Nur ist das allenfalls auf dem Niveau einer Milchmädchenrechnung, sagt Vias-Sprecher Benoit Godard.
"Bei einem Alkoholgehalt von mehr als 0,5 g je Liter Blut macht man sich strafbar. Nur: Wann diese Schwelle erreicht ist, das hängt von jedem Einzelnen ab - vom Körpergewicht, Geschlecht, Alter - und auch davon, wie sein Körper eben gerade in dem Moment reagiert."
Klar kennt jeder die eine oder andere Faustregel. 0,5 Promille, das entspricht etwa zwei bis drei Gläsern. "Aber was versteht man da unter Glas?", wendet Jan Tytgat ein, Professor für Toxikologie an der Universität Löwen. "Beim Wein schwankt ein Glas zwischen 80 und 150 Milliliter. Also das Glas als Maßeinheit, das taugt nichts."
Tagesform
Und dann bestätigt der Toxikologie-Professor noch einmal die Erfahrung, die wohl viele schon einmal gemacht haben. Viel hängt auch von der Tagesform ab - beziehungsweise von der Ausgangslage im Magen. "Trinkt man Alkohol, nachdem man schön fettig gegessen hat, dann wird der Körper den Alkohol langsamer aufnehmen. Wenn Sie aber auf nüchternem Magen ein, zwei Gläser Cava trinken, dann kann der Alkoholtest schon positiv ausfallen", erklärt Tytgat.
Man unterschätzt einfach die Wirkung von Alkohol auf den Körper, bestätigte in der RTBF auch Martin de Duve von der Organisation Univers Santé. "Ein Beispiel: Sie trinken ein Gläschen zum Aperitif, eins bei der Vorspeise, zwei beim Essen und eins beim Dessert, macht fünf Gläser. Aber um den darin enthaltenen Alkohol abzubauen, braucht der Körper sechs bis sieben Stunden."
Todsichere Methode
Es gibt nur eine unfehlbare Methode, um sicherzustellen, dass man nicht mit zu viel Alkohol am Steuer erwischt wird, sagt Stef Willems von Vias: Man lässt die Finger ganz davon. "Wer anfängt, die Gläser zu zählen, der begibt sich auf dünnes Eis."
"Tipp also an alle, die eine Silvesterparty organisieren wollen: Sehen sie ausreichend antialkoholische Getränke vor. Und sollte einer doch zu tief ins Glas geguckt haben: Bitte sorgen Sie dafür, dass er sich nicht noch ans Steuer setzt."
Die Tipps des Instituts Vias sind für viele wahrscheinlich nicht ganz so neu. Nur ist die Botschaft offensichtlich immer noch nicht überall angekommen. Nach Angaben von Vias geht einer von vier Unfällen in der Silvesternacht auf Alkohol am Steuer zurück.
Deswegen auch nochmal zur Erinnerung: Wer sich von der Polizei erwischen lässt, der zahlt für einen Alkoholgehalt zwischen 0,5 und 0,8 Promille schon 179 Euro. Zwischen 0,8 und 1,1 sind es schon zwischen 420 und 580 Euro. Und wer noch weiter darüber liegt, muss vors Polizeigericht.
Roger Pint