Elia fordert schnelle politische Entscheidungen, um den Verzicht auf Kernenergie tatsächlich schon 2025 zu schaffen. Die N-VA nimmt die Elia-Studie zum Anlass, erneut die Verlängerung der AKW-Laufzeit zu fordern.
Und damit ist sie wieder da, die Diskussion um das Ende der Kernenergie in Belgien.So sieht das auch die N-VA. Ein Ausstieg 2025 ist utopisch. Mindestens zwei Kernreaktoren müssten mindesten noch zehn Jahre weiterlaufen, um den Energiebedarf des Landes zu decken.
Die N-VA denkt konkret vor allem an die beiden jüngsten Reaktoren Doel 4 und Tihange 3, die über 2025 hinaus weiter Strom liefern sollen. Diese beiden Reaktoren könnten dann kombiniert werden mit ein paar Gaskraftwerke, die in der Zwischenzeit mit erneuerbaren Energien gebaut werden. So hat das der N-VA Politiker Andries Gryffroy, Abgeordneter im flämischen Parlament in der VRT erklärt.
Diese Meinung stößt auf wenig Gegenliebe, inbesondere in Flandern selbst. Für die flämischen Christdemokraten der CD&V ist der Ausstieg beschlossene Sache, und auch Flanderns Energieminister Bart Tommelein von der OpenVLD wollte am Mittwoch im flämischen Parlament nichts von einer Verschiebung des Ausstiegs aus der Kernenergie hören. Der Elia-Bericht sage nämlich ganz ausdrücklich, wenn der Energiepakt so schnell wie möglich umgesetzt werde, könne die Energiewende auch ohne Atomstrom ab 2025 klappen.
Diese Auffassung teilt auch die föderale Energieministerin Marie-Christine Marghem. Sie gab sich zuversichtlich und kämpferisch. Bei der VRT sagte sie: "Wir sollten zusammen an einem Energiepakt arbeiten, der es uns nicht nur ermöglichen wird, über die Etappen 2025, 2030 und 2050 das Energiesystem unseres Landes umzustellen, sondern der es uns auch ermöglichen wird, uns von der Kernenergie 2025 zu verabschieden."
Marghem hat auch schon einen Plan, wie die ersten Schritte dazu aussehen könnten. Sie sagt: "Wir schreiben heute das Jahr 2017 und vor Ende 2019, vor Ende des Mandats der aktuellen Föderalregierung sollten die nötigen Maßnahmen getroffen sein.
Die nötigen Maßnahmen - Das sind vor allem der Bau von Gaskraftwerken. Diese seien notwendig, so legt es der Elia-Bericht nahe, um ab 2025 den Wegfall der Energie aus den Atomkraftwerken zu kompensieren. Die erneuerbaren Energien seien bis dahin noch nicht so weit, dass man ohne diese neuen Gaskraftwerke auskommen könnte.
Der Bau der neuen Anlagen, die Zeit, in der sie abgeschrieben werden - Das werde den Bürger Geld kosten, stellt Marghem höhere Stromrechnungen in Aussicht. Das sei so, aber eben auch eine gesellschaftspolitische Entscheidung.
Außerdem würde auch das Festhalten an der Kernenergie Geld kosten. Die aktuellen Anlagen müssten erneuert oder neue Atomkraftwerke gebaut werden. Jeder Neubau kostet Geld, sagte die Ministerin. Teuer wird es also auf jeden Fall.
Und so scheint die Ministerin einen klaren Plan zu verfolgen.
Die Forderungen der N-VA also einfach nur ein Sturm im Wasserglas? Immerhin ist die N-VA die stärkste Partei in der föderalen Regierungskoalition und weiß auch den mächtigen flämischen Unternehmerverband hinter sich. Auch der glaubt, dass man so schnell auf die Kernenergie nicht verzichten kann.
Marghem eierte in der VRT um eine klare Stellungnahme herum. Man müsse natürlich jetzt die Arbeit am Energiepakt abschließen, sagte sie. Der würde dann in den Regionen und auf Föderalebene mit den Regierungspartnern besprochen. Auf diese Diskussionen komme es dann an, sagte Marghem.
Was auch heißt: Zweifel über den tatsächlichen Ausstieg aus der Atomenergie bleiben bis dahin also durchaus bestehen.
Kay Wagner