"Der Terror ist uns plötzlich wieder schauerlich nahe gekommen", schreibt die Zeitung De Standaard. Zwar hat sich der Anschlag 6.000 Kilometer weiter westlich ereignet, doch wird auch in Belgien getrauert. Vier Belgier waren zur falschen Zeit am falschen Ort. Genau gesagt auf einem Radweg, der am Hudson-River entlangführt. Ein schöner Ort muss es sein, und das mitten in Manhattan.
Die 31-jährige Ann-Laure war auf diesem Radweg unterwegs, zusammen mit ihrer Mutter und ihren beiden Schwestern. Als plötzlich ein Lieferwagen mit vollem Tempo angerast kommt und einfach in die Radler fährt. "Ann-Laure hatte keine Chance", sagen Augenzeugen. Die junge Frau aus einem Dorf in der Nähe von Roeselaere überlebte den Aufprall nicht. Ann-Laure hatte gerade erst vor drei Monaten ihr zweites Kind zur Welt gebracht.
Unter den Verletzten ist auch ein Ehepaar aus Antwerpen. Beide werden noch im Krankenhaus behandelt, ihr Zustand wird als kritisch angegeben. Der Sohn des Paars trug nicht ganz so schwere Verletzungen davon. Wie der Zufall so spielt: Außenminister Didier Reynders war am selben Tag zu Besuch bei seinem US-Amtkollegen Rex Tillerson. Beide bestätigten bei einer Pressekonferenz die tragische Bilanz aus belgischer Sicht: eine tote Frau und drei Verletzte.
Er habe sofort das belgischer Konsulat eingeschaltet, sagte Didier Reynders. Unter anderem, um die Anreise der Angehörigen der Opfer zu organisieren. Auch kümmere man sich um die Menschen, die noch im Krankenhaus liegen. Reynders bedankte sich im Übrigen bei den New-Yorker Rettungskräften für ihre schnelle Reaktion. Außerdem sprach er den Opfern und allen Amerikanern sein Mitgefühl aus.
"Dieser Terrorismus kennt keine Grenzen", stellte der US-Amtskollege Rex Tillerson fest. Europa, auch Belgien, seien mit tragischen Ereignissen konfrontiert gewesen und jetzt habe das Böse in den USA zugeschlagen.
Wie immer nach einem Anschlag stellt sich auch diesmal die Frage, welche Konsequenzen und welche Lehren man daraus zieht. US-Präsident Donald Trump hat gleich wieder neue Einreisebeschränkungen angekündigt. Im vorliegenden Fall will er die so genannte Greencard-Lotterie abschaffen, über die der mutmaßliche Täter ein Bleiberecht in den USA bekommen hatte. Der Mann stammt aus Usbekistan und ist seit sieben Jahren in den USA.
Radikalisiert hat er sich aber anscheinend erst auf amerikanischem Boden. Und Außenminister Reynders will denn auch eher hier den Hebel ansetzen. Zwar sei es wichtig, gegen die Terrororganisation IS militärisch vorzugehen, sagt Reynders, und das tue man ja auch. Zugleich müsse man aber auch gemeinsam nach Wegen suchen, um gegen die Radikalisierung vorzugehen, die innerhalb unserer Gesellschaften stattfinden - sei es in den USA oder in Europa.
Fast schon ausdrücklich stellt sich Reynders damit gegen die Position des US-Präsidenten, den er beinahe direkt anzusprechen scheint: "Man darf nicht ständig davon ausgehen, dass radikales Gedankengut nur von außen in ein Land getragen werden kann", sagt Reynders. "Manchmal sind es Leute, die schon seit Jahren in unseren Ländern leben, die irgendwann den Rattenfängern auf den Leim gehen." Er habe aber den Eindruck, dass man das im US-Außenministerium ähnlich sehe.
Reynders wünscht sich also noch mehr internationale Zusammenarbeit im Kampf gegen das Phänomen der Radikalisierung. Und er hofft, dass man irgendwann auch im Weißen Haus zu dieser Einschätzung gelangt.
Roger Pint