Die sichtbarste Maßnahme der neuen wallonischen Regionalregierung war ja schon bekannt und ist ja auch schon hundert Mal wiederholt worden. Aber, sie ist nunmal eins der Kernstücke des Haushalts 2018. Die Rede ist natürlich von der Abschaffung der Radio- und Fernsehgebühr. Das sind immerhin 100 Euro pro Haushalt, die also ab dem kommenden Jahr wegfallen.
Für die Region heißt das aber im Umkehrschluss, dass ihr das Geld nicht mehr zur Verfügung steht. Die Mindereinnahmen belaufen sich auf immerhin rund 100 Millionen Euro. Insgesamt umfasst die Steuerreform der neuen Koalition aus MR und CDH sogar Steuererleichterungen in Höhe von 150 Millionen Euro.
Diese Maßnahmen müssen natürlich gegenfinanziert werden. Stellte sich natürlich die Frage: Woher nehmen, wenn nicht stehlen? Eins könne er versichern, sagte MR-Finanzminister Jean-Luc Crucke in der RTBF: Die Finanzierung der Steuerreform sei nun gesichert - mit dem Resultat, dass die Bürger jetzt definitiv weniger Steuern zahlen als vorher. Heißt im Klartext: Die Steuerreform wird nicht gegenfinanziert, indem man es dem Bürger mit der anderen Hand wieder aus der Tasche zieht.
Bauen auf die gute Konjunktur
Die Regierung hat zwei andere Möglichkeiten gefunden, um das Geld zu finden. Erstens: Man baut auf die gute Konjunktur. Die Wirtschaft wächst - und das wird mehr Geld in die Staatskassen spülen, eben auch in Namür. Die Regierung erwartet Mehreinnahmen in Höhe von rund 280 Millionen. Dabei will es die Koalition aber nicht belassen.
Darüber hinaus will man die Ausgaben insgesamt mal durchleuchten und infrage stellen. Eins müsse man doch feststellen, sagt der MR-Wirtschaftsminister Pierre-Yves Jeholet. All die Geldmittel, die der Region zur Verfügung stehen, also auch die europäischen Fördermittel, all das habe den Zustand der Wallonie nicht wesentlich verbessert. Man müsse sich nur die Arbeitslosenzahlen anschauen. Deswegen sei es doch legitim, wenn man sich die Frage stellt, wie diese Gelder effizienter eingesetzt werden können. Heißt im Klartext: Gewisse Zuschüsse werden wohl mal überdacht...
Strukturen straffen
Aus einer ähnlichen Logik heraus will die Regierung zudem mit dem eisernen Besen durch die regionalen Strukturen fegen. Heißt: Die regionalen Einrichtungen sollen gestrafft werden, einige will man sogar zusammenlegen, um Doppelangebote aus der Welt zu schaffen. Das alles, so sagt Jeholet, um dafür zu sorgen, dass die Steuergelder effizienter eingesetzt werden.
Alle betonen dabei, dass diese Spar- oder Rationalisierungsmaßnahmen nicht auf Kosten der Bürger und auch nicht auf Kosten der Beamten erfolgen. "Wir wollen die Strukturen straffen", sagt Finanzminister Crucke. "Wir werden die Funktionszuschüsse der Verwaltungseinrichtungen um jeweils fünf Prozent kürzen, auch die Provinzen bekommen weniger Geld." Das sei aber keine Austerität, sondern allenfalls ein vernünftiger Umgang mit den Steuermitteln.
Ziel: Schwarze Null
Das alles soll soviel Geld bringen, dass man neben der Steuerreform auch noch Spielräume hat, um das Defizit zu drücken. Die Vorgängerregierung ging von einem Fehlbetrag von 317 Millionen Euro aus; die neue Koalition peilt 217 Millionen an, will also 100 Millionen weniger Schulden machen. Ziel sei - mittelfristig - ein Haushaltsgleichgewicht, sagt Jean-Luc Crucke, eine Schwarze Null.
Der neue Ministerpräsident Willy Borsus spricht denn auch von einem aufrichtigen und ehrlichen Haushalt. "Wir bringen zwei entscheidende Punkte unter einen Hut", sagt Borsus. "Wir peilen ein Haushaltsgleichgewicht an und erhöhen dabei die Kaufkraft der Bürger."
Klingt irgendwie, als bekäme man die Butter und das Geld für die Butter. Die Opposition kritisierte denn auch, dass es sich bei all dem bislang immer noch um vage Versprechen handele. Die genauen Zahlen sollen spätestens für die Haushaltsdebatte vorliegen. Vielleicht verbirgt sich ja der Teufel im sprichwörtlichen Detail...
Roger Pint - Bild: Jean-Luc Flemal/BELGA