Die Nachricht brachte Laurette Onkelinx, PS-Chefin in Brüssel, vergangene Woche auf die Palme. "Ich finde das völlig unanständig. Und ich hoffe, dass die Brüsseler Regierung eine Möglichkeit findet, das zu verhindern", schimpfte Onkelinx in der RTBF.
Völlig unanständig? Nach gesundem Menschenverstand sicherlich ja. Peraïta, die sich Geld, das eigentlich für die Arbeit mit Obdachlosen beim Samusocial gedacht war, einfach so in die Tasche geschummelt hatte, soll jetzt wieder Chefin dieser Einrichtung werden?
Aber legal ist das möglich. Denn Peraïta macht nichts anderes, als ihr Recht einzufordern. Als sie nämlich 2013 als Direktorin des Samusocial zur Präsidentin des Brüsseler Sozialhilfezentrums ernannt wurde, bekam Peraïta eine Job-Garantie beim Samusocial. In der Zeit, in der sie Präsidentin des Sozialhilfezentrums ist, ruht lediglich ihre Arbeit beim Samusocial. Sie macht unbezahlten Urlaub. Wenn sie will, kann sie das Amt der Direktorin zu jeder Zeit wieder aufnehmen. Nichts anderes fordert Peraïta jetzt.
Der Grünen-Abgeordnete im Brüsseler Regionalparlament, Alain Maron, kritisiert diese Vereinbarung von damals scharf. "Damals waren alle zufrieden. Die Mehrheit aus PS und MR konnten Peraïta zur Präsidentin des Sozialhilfezentrums machen, trotz fehlender Kompetenzen. Und für Peraïta war das eine Absicherung: Sie war sicher, dass sie nach Ablauf ihres Mandats als Präsidentin des Sozialhilfezentrums immer zum Samusocial zurückkehren konnte."
"Was heute befremdlich und schockierend ist, ist die Tatsache, dass sie diese Möglichkeit tatsächlich in Anspruch nehmen will", so Alain Maron. Doch natürlich - so glauben eigentlich alle – will Peraïta nicht wirklich wieder beim Samusocial arbeiten. Auch sie weiß wahrscheinlich nur zu gut: Für das Samusocial bin ich ein rotes Tuch.
Es geht ihr wohl nur ums Geld. Denn wahrscheinlich rechnet sie damit, dass sie bei einer Wiedereinstellung sofort entlassen würde. Für diese Entlassung kann Peraïta dann eine Abfindung verlangen. Bis zu 130.000 Euro könnten das sein, rechnet die RTBF vor.
Das würde, so wieder Maron, neben dem ethischen auch ein ganz praktisches Problem aufwerfen. Die Frage ist nämlich, woher dieses Geld für die Abfindung kommen sollte. "Denn es kann nicht sein, dass öffentliche Gelder dafür benutzt werden, um die Abfindung von Frau Peraïta zu bezahlen", sagt Maron. "Ihr Geld dafür zu geben, dass sie nicht arbeitet?Das wäre natürlich nicht zu akzeptieren und wahrscheinlich auch nicht legal hinsichtlich der Subventionsregeln."
Der Chef der Verwaltungseinheit, die für die Vergabe von Subventionen zuständig ist, Nicolas Lagasse, bestätigt Maron. "Um es klar auszudrücken: Wenn man uns dazu auffordern sollte, jemanden zu bezahlen, damit er nicht arbeiten kommt, dann sehen wir da zunächst keinen Zusammenhang mit der Aufgabe, für die die Subvention bei uns angefragt wird. Die Stellungnahme unsererseits, also seitens der Verwaltung, wäre ganz klar negativ", eklärte Lagasse vor dem Untersuchungsausschuss zum Samusocial.
Bekäme Peraïta im Falle ihrer Entlassung beim Samusocial keine Abfindung, ist es wahrscheinlich, dass sie dagegen Berufung einlegt. Das teilte ihr Anwalt auf Anfrage der RTBF mit. Für die Brüsseler Ministerin für Personenhilfe, die CDH-Politikerin Céline Frémault, wäre das ein Unding. Aber Frémault will erst abwarteten. "Die Angelegenheit wird zurzeit von den Anwälten bearbeitet. Juristisch gesehen ist das sehr kompliziert. Aus moralischer Sicht ist eine Rückkehr von Pascale Peraïta zum Samusocial meiner Meinung nach aber unmöglich", so Frémault.
Kay Wagner - Bild: Benoit Doppagne/Belga