Genau seit 30 Jahren gibt es RTL-Belgien, gerade erst hat der Sender Geburtstag gefeiert. Zwei Tage danach: die kalte Dusche.
"Wir sind wütend. Und wir verstehen die Haltung der Geschäftsleitung nicht", sagt Fabian Duma von der liberalen Gewerkschaft CGSLB. 105 Stellen sollen beim Sender RTL abgebaut werden, das sind je nach Rechnung bis zu 20 Prozent des Personals.
Einer der Gründe für den Umstrukturierungsplan: Der französische Privatsender TF1 drängt auf den belgischen Markt. TF1 kann ab jetzt Werbeeinnahmen in Belgien generieren. Wenn man weiß, dass bis zu einem Drittel der französischsprachigen Fernsehzuschauer quasi systematisch einen französischen Sender einschaltet, dann kann man sich vorstellen, dass das bei den heimischen Sendern für enorme Nervosität sorgt.
Insbesondere eben bei einem Sender wie RTL-TVI, der sich ja fast ausschließlich über Werbung finanziert. Wohlwissend, dass der Kuchen ja mit dem neuen Wettbewerber nicht größer wird, sondern eher die Stücke kleiner.
Neuausrichtung auf das Internet
Die Umstrukturierung betrifft in erster Linie die Fernsehsparte. Stattdessen will der Sender seine Internet-Präsenz deutlich verstärken. So will man sich auf die neuen Gewohnheiten der Mediennutzer einstellen, die sich ja immer mehr von den klassischen Anbietern abwenden und sich vor allem im Netz informieren.
Diese digitale Revolution komme aber reichlich spät, kritisieren die Gewerkschaften. Die Direktion räumt das sogar ein. Man habe ja versucht, eine Internetpräsenz auf die Beine zu stellen, sagte Geschäftsführer Philippe Delusinne. Allerdings sei das - auch wegen des zu kleinen frankophonen belgischen Markts - einfach nicht rentabel gewesen. Jetzt werde man die Digitalisierung im Zusammenspiel mit RTL-International angehen, sagte Delusinne.
Für die Gewerkschaften sind das allenfalls Vorwände. "Man nutzt die Gunst der Stunde, um Personal loszuwerden", beklagt Yves Flamant von der sozialistischen Gewerkschaft SETCA.
Nach der Ankündigung wurde nun die so genannte Renault-Prozedur in Gang gesetzt. Gewerkschaften und Direktion setzen sich an einen Tisch, um nach Auswegen zu suchen. "Wir werden in jedem Fall versuchen, die Zahl der zu streichenden Stellen zu drücken", sagt Flamant.
Roger Pint - Bild: Dirk Waem/Belga