Abdelbaki Es Satty beschäftigt auch die belgischen Ermittler. Der 42-jährige Imam gilt als das Gehirn hinter den Anschlägen von Barcelona und Cambrils. Er soll die Mitglieder der Gruppe erst radikalisiert und dann zu den Taten angestiftet haben.
Es Satty gab womöglich auch eher unfreiwillig den Startschuss für die grausigen Attacken vom vergangenen Donnerstag. Wenige Stunden vor den Anschlägen gab es eine heftige Explosion in seiner Wohnung. Der Imam kam dabei ums Leben, mit ihm zwei weitere Mitglieder der Terrorzelle. Das war wohl der Grund, weswegen die Gruppe ihre Pläne änderte und zur Tat schritt.
Anscheinend nämlich hatte die Organisation eine noch viel verheerendere Attacke geplant. Ziel war nach Aussage von einem der überlebenden Verdächtigen unter anderem die Kathedrale Sagrada Familia in Barcelona.
Es Satty war immer mal wieder in Belgien - häufiger, als bislang angenommen. Bekannt war schon, dass er im vergangenen Jahr drei Monate in Belgien gewohnt hat, und zwar zwischen Januar und März 2016. Er lebte anscheinend in Diegem, nicht weit von Vilvoorde. In der örtlichen Moschee habe er auch einige Male gepredigt.
Allerdings habe er nicht die nötigen Referenzen aufweisen können, und auch sonst sei er den Gläubigen irgendwie unheimlich gewesen. Anscheinend hätten sich sogar Vertreter der örtlichen muslimischen Gemeinschaft an die Polizei gewandt mit der Bitte, den Mann einmal unter die Lupe zu nehmen.
Und doch blieb Abdelbaki Es Satty irgendwie unter dem Radar. Und das gebe durchaus zu denken, sagte Innenminister Jan Jambon am Morgen in der VRT. Wir - damit meint Jambon in erster Linie die Sûreté, den Inlandsgeheimdienst - müssen feststellen, dass wir nicht alle Informationen mitbekommen, die da in der einen oder anderen Gemeinschaft kursieren, sagte Jambon. Und daraus müsse man seine Lehren ziehen.
Offensichtlich sei das Informantennetzwerk der Sûreté insbesondere innerhalb der muslimischen Gemeinschaft noch allzu löchrig. Man müsse dafür sorgen, dass man noch mehr Informationen sammelt und die auch korrekt verarbeitet, sagt Jambon. Eine klare Anweisung an den Inlandsgeheimdienst, nach dem Motto: "Sorgt dafür, dass ihr mehr Informanten bekommt - Insider, die auch Augen und Ohren hinter den Kulissen haben."
Flugticket nach Belgien
Offensichtlich hat Abdelbaki Es Satty in Diegem keinen Fuß auf den Boden bekommen. Im März 2016 reiste er zurück nach Spanien.
Er ist aber anscheinend wenig später für kurze Zeit wieder nach Belgien zurückgekehrt. Mindestens zwei Mal habe Abdelbaki Es Satty ein Flugzeug genommen, sagte Hans Bonte, Bürgermeister von Vilvoorde, in der VRT. Einmal nach Belgien und einmal nach Frankreich.
Dass sich der Imam so frei bewegen konnte, das allerdings sei dann doch verwunderlich, fügt Bonte hinzu. Gegen den Mann lief in Spanien ein Auslieferungsverfahren. Dass Abdelbaki Es Satty innerhalb der Schengenzone problemlos ein Flugzeug besteigen konnte, das zeige doch, dass hier mal wieder Informationen nicht korrekt ausgetauscht worden seien, sagte Bonte.
Laut Medienberichten könnte Abdelbaki Es Satty auch noch ein drittes Mal in Belgien gewesen sein. Wenn, dann muss kurz vor den Anschlägen vom vergangenen Donnerstag gewesen sein. Die Information wurde bislang noch nicht bestätigt. Allerdings: Der Imam hatte Belgien offensichtlich bis zuletzt auf dem Schirm. Nachdem er bei besagter Explosion ums Leben gekommen war, wurde die konspirative Wohnung von der Polizei natürlich gefilzt.
Und dabei kam anscheinend ein Flugticket zum Vorschein, ausgestellt auf Abdelbaki Es Satty, Bestimmungsort Brüssel. Ob und inwieweit der Mann auch in Belgien auf ein Netzwerk zurückgreifen konnte: Fragezeichen. Der Fall Es Satty dürfte jedenfalls auch für die belgischen Sicherheitsbehörden eine neue Warnung sein.
Roger Pint - Illustrationsbild: Virginie Lefour/Belga