Ein Förderkorb, der in die Tiefe rattert - Eindrücke aus längst vergangenen Zeiten, als Arbeiter entlang von Sambre und Maas noch unter oft erbärmlichen Bedingungen Kohle aus dem Boden holten. Die einzigen, die dieses Geräusch heute noch zu hören bekommen, das sind Touristen, die in einigen Bergbaumuseen alte Schächte besichtigen.
Doch muss das nicht so bleiben. Nicht, dass etwa Kohle plötzlich wieder attraktiv geworden wäre - das verbietet sich in Zeiten des Klimawandels. Nein, hier geht es um Bodenschätze anderer Art, insbesondere um Erze. Und dem liegt zunächst eine Feststellung zugrunde: Europa ist abhängig vom Import von Rohstoffen.
Eisenerze in Europa?
Die EU verbraucht - in Form von allerlei Gebrauchsgegenständen - ein Fünftel der in der Welt geförderten Metalle. Demgegenüber werden aber nur drei Prozent dieser Erze aus den europäischen Böden geholt. Da sei es doch legitim, darüber nachzudenken, wie Europa autonomer werden kann, sagte der Ingenieur und Geologe Eric Pirard von der Uni Lüttich in der RTBF.
Um unabhängiger von Rohstoff-Importen zu werden, gebe es zwei Möglichkeiten, sagt Professor Pirard: Klar, erstmal muss recycelt werden, was recycelt werden kann. Darüber hinaus müsse man sich aber auch fragen, was man aus dem Boden holen kann. Denn eins muss man wissen, sagt Eric Pirard: "Die Wiederverwertung alleine, das reicht in unseren derzeitigen Konsumgesellschaften nicht aus. Trotz aller Bestrebungen hin zu einer Kreislaufwirtschaft bleibt es eine Tatsache, dass man immer noch einen Teil der Rohstoffe nur aus Bergwerken gewinnen kann."
Doch, mal ehrlich: Findet man in Europa überhaupt Eisenerze? "Interessanterweise wissen wir das nicht", sagt der Lütticher Geologe. "So viel wir über die Oberfläche wissen, so wenig Ahnung haben wir, was sich unter unseren Füßen befindet." Dieser Frage sei man bislang noch nicht mit modernen Techniken auf den Grund gegangen.
Ethische Dimension
Das muss natürlich nicht heißen, dass der Europäische Boden am Ende vielleicht so reich an Bodenschätzen wäre wie der in Afrika. Nur: ganz ausschließen kann man das eben auch nicht. Überprüfen sollte man es aber auf jeden Fall, meint Eric Pirard. Hier gehe es nicht nur darum, unabhängiger zu werden. Das Ganze habe auch eine ethische Dimension. Wenn wir sicher sein wollen, dass unsere Waren hergestellt werden aus Metallen, die unter sozial- und umweltpolitisch akzeptablen Bedingungen gefördert wurden, dann sei es naheliegend, das selber zu tun.
Denn, so sagt Pirard, die Bilder, die man da vielleicht vor Augen hat von geschundenen Arbeitern mit geschwärzten Gesichtern, also diese Atmosphäre aus Germinal von Emile Zola, all das kann man getrost vergessen. Wenn es in Europa neue Bergwerke geben sollte, dann wird das eine reine Hightech-Geschichte. "Roboter", um mal ein Schlagwort zu nennen, das gerade wieder aktuell ist. Mit ein bisschen Phantasie könne man sich die Bergwerke von morgen so vorstellen, dass automatisierte Maschinen die einstige Knochenarbeit unter Tage übernehmen.
Also, so das Fazit des Geologen: Ein mögliches Comeback der Bergwerke in Belgien, das sei durchaus keine spinnerte Idee, dieser Gedanke zwinge sich im Gegenteil fast schon auf. Wir haben die Ressourcen - und auch, um die Transportwege zu verkürzen wäre es unklug, sie nicht zu nutzen.
Roger Pint - Archivbild: BELGA