"Wir sind ein belgisches, politisches Magazin" - drei Worte, die für François Brabant alles zusammenfassen. Brabant ist Chefredakteur eben dieses neuen, belgischen, politischen Magazins, das auf den ebenso eigentümlichen wie durchaus sehr belgischen Namen Wilfried hört.
Warum ausgerechnet Wilfried? Nun, erstmal sei das nun einmal der Name des Mannes, der in der Nachkriegszeit am häufigsten Premierminister war, nämlich Wilfried Martens. "Und wer will", sagt François Brabant, "wer will, der kann darin auch eine Anspielung auf eine Fußball- beziehungsweise Radsportlegende sehen, nämlich Wilfried Van Moer oder Wilfried Peeters." Der gemeine "Wilfried" als Inbegriff einer gewissen "Belgitude" also...
Neuer Akteur in der Medienlandschaft
Wilfried ist jetzt also ein neuer Akteur in der frankophonen Medienlandschaft des Landes. Wobei man doch eigentlich annehmen könnte, dass angesichts der anhaltenden Krise eher Titel verschwinden als welche hinzukommen. "Klar ist das ein Paradox", sagt François Brabant. Allerdings: Er habe den Eindruck, dass die Krise eigentlich eher die Formate und ihre Finanzierung betreffe, weniger den Journalismus oder die Journalisten, die kreativer und engagierter denn je seien."
Und den Beweis für diese Annahme, den sieht der Wilfried-Chefredakteur in der Geburtsgeschichte seines Babys. Zunächst gingen die Macher mit ihrer Idee zu den traditionellen Verlagshäusern. Da fand sich aber niemand, der in das Projekt investieren wollte. Dann hat man einen Internet-Aufruf gestartet, Crowdfunding, wie das heute heißt. Die Leute wurden gebeten, sich 'vorab' zu abonnieren, um Wilfried auf die Schienen zu setzen. Die Kampagne war ein voller Erfolg. "Bester Beweis", sagt François Brabant, "bester Beweis, dass es da eine Nachfrage gibt."
Dass die Menschen Lust auf neue Medien haben, die einen etwas anderen Ansatz wagen, ein weiterer Beweis dafür ist Médor, dessen erste Ausgabe Ende 2015 erschien. Ganz nebenbei tut sich auch was im Bereich der Satire-Magazine, wo es mit "Même pas peur" ebenfalls seit zwei Jahren einen neuen Titel gibt, und Altmeister "Pan" seit einigen Wochen in einem neuen Gewand daherkommt.
Anderer Blick und andere Form
Was insbesondere Médor und Wilfried verbindet: Alternativ wollen sie sein, unabhängig, aber darüber hinaus vor allem tiefgründig. "Wie nehmen die Menschen heutzutage Politik war? In Form von Sofortbildern", sagt François Brabant. "Wir wollen all diese Sofortbilder aber sozusagen aneinander kleben, damit daraus ein Film wird, um den Menschen dadurch die großen Entwicklungen zu zeigen."
Nicht nur ein anderer Blick allerdings, sondern auch eine andere Form. "Unser Erzählstil, der orientiert sich so ein bisschen an den bekannten und erfolgreichen Fernsehserien wie Borgen, House of Cards oder Narcos", sagt François Brabant. "Natürlich bleiben wir bei den Fakten, aber: Wir möchten, dass sich unsere Artikel lesen wie ein Roman."
Längere Interviews und Reportagen, ausgemalte Porträts, das sind die Formate dieses "Slow-Journalisme", dieses "langsamen Journalismus", der also mit dem Schnell-Schnell der heutigen Medienwelt brechen will und dabei die Ur-Ideale des Journalismus vor Augen hat. Deswegen wird Wilfried auch vergleichsweise selten erscheinen, nämlich drei Mal im Jahr.
Die Macher sind allesamt gestandene und handwerklich geschliffene Journalisten. Chefredakteur François Brabant ist zwar erst Mitte Dreißig, hat aber schon für Le Vif und La Libre Belgique gearbeitet und zudem ein viel beachtetes Buch über die Lütticher PS veröffentlicht.
"Wir sind bescheiden", sagt Brabant, " wir erheben nicht den Anspruch, den Journalismus in Belgien zu revolutionieren. Viele Journalisten leisten verdammt gute Arbeit ,und wir wollen mit 'Wilfried' einfach nur unseren Beitrag dazu leisten."
Text & Foto: Roger Pint