Die Vorfälle ereigneten sich im Schuljahr 2010-2011. Zur Grundschule der Piusbrüder in Brüssel gehört auch ein Internat. Im Schlafraum des Internats hatte der Priester, der aus der Schweiz nach Brüssel versetzt worden war, ab und zu Aufsicht. Hier, im Schlafraum, soll es zu den Vorfällen gekommen sein.
Ein Teenager, damals elf Jahre alt, schilderte die Sache vor einem Brüsseler Gericht wie folgt: "Der Priester kam abends in den Schlafraum, wo ich mit anderen Kindern schlief. Er zog meine Schlafanzugshose runter und lutschte an meinem Gliedchen."
An insgesamt drei Kindern unter 16 Jahren soll sich der Piusbruder in Brüssel vergangen haben. Für seine Mitbrüder der Piusbruderschaft dürfte das nicht überraschend gewesen sein: Schon einige Jahre zuvor war besagter Bruder in der Schweiz wegen Kindesmissbrauchs aufgefallen. Damals begleitete er Kinder auf eine Freizeit, die seine Bruderschaft organisiert hatte. Einige Wochen danach beschwerten sich Eltern bei der Bruderschaft. Es sei zu sexuellen Übergriffen bei ihren Kindern gekommen.
Die Bruderschaft nahm die Vorwürfe ernst. Piusbruder Christian Thouvenot sagte in einem Beitrag der RTBF: "Die Leitung unserer Bruderschaft hat Juristen gefragt. Die haben gesagt, dass wir rechtlich nicht dazu verpflichtet sind, den Fall zu melden. Rein rechtlich gesehen sei das nicht nötig."
Also meldete die Bruderschaft den Vorfall tatsächlich auch nicht an die Behörden. Doch intern vermerkte die Leitung sehr wohl, dass es einen Vorfall gegeben hatte. Sie stellten den Mitbruder für zehn Jahre unter Beobachtung. Und innerhalb dieser zehn Jahre war es ihm auch verboten, nochmal an Kinder- und Jugendfreizeiten teilzunehmen.
Warum er dann ein paar Jahre später gerade nach Brüssel geschickt wurde, wo er fast zwangsläufig wieder mit Kindern und Jugendlichen zusammenkommen musste, ist unklar - und für Bruder Christian Touvenot auch bedauerlich. Er sagte: "Das ist natürlich nicht normal, das hätte nicht passieren dürfen. Wenn alles nochmal rückgängig gemacht werden könnte, käme unser Mitbruder mit Sicherheit nicht mehr in diese Schule neben unserer Niederlassung hier in Brüssel. Das war nicht ideal. Wir übernehmen unsere Verantwortung."
Einsicht also bei der Bruderschaft. Doch auch, wenn der Fall jetzt vor einem Gericht verhandelt worden ist: Verurteilt wurde der Beschuldigte nicht. Das Brüsseler Gericht fand nicht genügend Anhaltspunkte, um den Piusbruder zu verurteilen. Gegen den Freispruch ist die Staatsanwaltschaft in Berufung gegangen. Die nächste Verhandlung soll im Oktober stattfinden.
Der Priester, dem die Pädophilie-Vorwürfe gemacht werden, befindet sich nicht mehr in Brüssel. Er ist zurück in die Schweiz gegangen, und wartet dort auf den Fortgang des Prozesses.
Kay Wagner - Illustrationsbild: Thomas Coex/AFP
Und von solch einem Verein soll man moralische und ethische Werte vorgegeben bekommen? ...