Von einem Streik wollen sie nicht reden. Lieber von einer "Sensibilisierungs-Aktion". "Ausbaufähig", wie Gewerkschafter Roland Van Saingele gegenüber der RTBF sagt. Das am Montagvormittag sei eine Warnung. Es würden weitere Aktionen folgen, wenn die Regierung und die Verantwortlichen in der Verwaltung nicht auf die Forderungen reagieren.
Was sind die Forderungen, hinter die sich am Montagvormittag alle vier Gewerkschaften des föderalen Finanzministeriums zusammengeschlossen haben? Nun, sie sind unterschiedlich. Neben Fragen der Pensionsregelungen geht es vor allem um Arbeitsbedingungen, Stopp des Stellenabbaus in einigen Abteilungen, besonders der Abteilung für Steuerbetrug, und um eine Rechtsgrundlage für den Einsatz von Zollbeamten beim Kampf gegen den Terror. Dort würden Zollbeamte nämlich seit über einem Jahr immer häufiger eingesetzt. Aber, so sagt es Gewerkschafter Saingele, ohne gesetzliche Grundlage. Und das das finden die Gewerkschaften nicht richtig.
Ihre Kritik: Man ziehe die Zollbeamten von ihrer eigentlichen Aufgabe ab, um sie in einem Bereich einzusetzen, in dem sie durch nichts abgesichert sind im Falle eines größeren Problems. Das sei nicht hinnehmbar.
Weitere Klage: die ungleiche Prioritätensetzung der Regierung. Dem Kampf gegen Sozialbetrug würde mehr Aufmerksamkeit geschenkt, als dem Kampf gegen Steuerbetrug. Das könne man an der Personalpolitik ablesen: Die Kollegen beim Sozialbetrug, die altersbedingt aus dem Beruf ausscheiden, würden zu 100 Prozent ersetzt. Die Kollegen beim Steuerbetrug aber nicht. Das sei doch absurd, sagt Gewerkschafter Saingele. In einer Zeit, in der man überall Geld sucht, um die Haushaltslöcher zu stopfen, sei es doch komisch, dass man gerade dort, wo viel Geld zu holen wäre, sich nicht alle Mittel dazu gibt, sondern lieber Personal einspart.
Mit dem zuständigen Minister, dem N-VA-Politiker Johan Van Overtfeldt, haben die Gewerkschaften in den vergangenen Wochen mehrmals gesprochen. Sie haben ihn an seine Versprechen erinnert, die er vor einem Jahr gegeben hatte. Davon seien kaum welche erfüllt worden. Ergebnis der Gespräche? Viele Worte, aber keine Taten. Deshalb auch die heutige Aktion.
Jetzt wolle man dem Minister und den Spitzen der Finanzverwaltung ein paar Tage Zeit geben, um auf die Forderungen der Gewerkschaften einzugehen. Sollte das nicht passieren, oder nur in einem Maß, das die Gewerkschaften nicht zufrieden stellt, werde es weitere Aktionen geben. Zollbeamte könnten zum Beispiel an Flughäfen in Bummelstreiks treten. Gerade zur bevorstehenden Ferienzeit nicht die prickelndste aller Vorstellungen. Reisende müssten dann früher als sonst zum Flughafen und ungewöhnliche Wartezeiten in Kauf nehmen.
"Eine andere Aktion könnte ein Bummelstreik beim Ausfüllen der Steuerklärung sein", sagt Saingele. Schade, dass dadurch wieder der kleine Steuerzahler zur Geisel genommen werde. Aber der werde die Aktion schon verstehen. Seit Jahren würden sich die Gewerkschaften nämlich gegen die Schließung der kleinen Steuerbüros in der Nähe der Bürger wehren. Trotzdem würden diese Büros geschlossen. Übrig blieben die riesigen Gebäude mit ellenlangen Schlangen, wo die Leute nicht sicher sein könnten, bis zum Abend tatsächlich auch bedient zu werden.
Kay Wagner - Bild: Thierry Roge/BELGA