"Am Anfang war eine Feststellung", sagt Jean-François Bastin. Einige Länder insbesondere aus der Sahelzone hatten festgestellt, dass die gängigen Landkarten, die die Waldgebiete ausweisen, unvollständig waren. Längst nicht alle existierenden Wälder waren auch verzeichnet. Jean-François Bastin, Forscher der Freien Universität Brüssel, und sein Team wurden vom Welternährungsprogramm damit beauftragt, dieser Feststellung nachzugehen und die Karten gegebenenfalls zu korrigieren.
Erste Etappe: Man musste erstmal klären, ob die Karten tatsächlich unvollständig sind, und dann ermitteln, warum das so ist. "Wir sind tatsächlich einem Fehler auf die Schliche gekommen", sagte Jean-François Bastin in der RTBF. Es ist so: Die bisherigen Karten, die die Waldflächen ausweisen, wurden mit Hilfe eines automatisierten Verfahrens erstellt: Man nimmt eine Satellitenkarte und zerlegt die in Bildpunkte. Je nach Farbe dieses Pixels wird dem Gebiet dann ein Geländetyp zugeordnet: Steppe, Wald, Wüste... Die Fehlerquelle, die ist genau hier angesiedelt. Erstens: Diese Bildpunkte waren zu grob, umfassten manchmal ein Gebiet von 250x250 Metern. Und hier könne man nicht wirklich alles sehen, was sich in diesem Quadranten befindet.
Zweites Problem: Manche Bäume sind aus dem Weltraum häufig fast unsichtbar. Vor allem in Trockenzonen verlieren sie oft ihre Blätter oder haben andere Überlebensstrategien, die sie für Satelliten nur schwer erfassbar machen. Also: Einzelne Bildpunkte wurden nur ungenau identifiziert. Das Problem ist: Solche Fehler konnten sich bis jetzt quasi tausendfach reproduzieren. War einmal ein Bildpunkt falsch zugeordnet, dann wurden nämlich auf den Karten automatisch alle vergleichbaren Pixel ebenfalls verkehrt ausgewiesen.
"Davon ausgehend haben wir eigentlich wieder bei Null begonnen", sagt Jean-François Bastin. Er und sein Team haben in Zusammenarbeit mit dem IT-Riesen Google Karten mit extrem hoher Auflösung genommen und neu analysiert. Als die ersten Resultate eintrudelten, haben die Forscher beinahe ihren Augen nicht getraut: Die Waldflächen seien bislang extrem unterschätzt worden: "Mit einem Mal haben wir knapp 500 Millionen Hektar Wald hinzubekommen - das entspricht ungefähr der Größe des Amazonas-Regenwalds".
Mal eben 500 Millionen Hektar Waldfläche obendrauf, das stellt natürlich einige Modelle auf den Kopf. Zum Beispiel in Bezug auf den Klimawandel. Mehr Bäume, das heißt ja: Mehr CO2, das auf natürlichem Wege abgebaut wird.
Anderes Beispiel: "Wir können jetzt viel besser die Regionen in Trockenzonen identifizieren, die von der Wüste bedroht werden", sagt Jean-François Bastin. Entsprechend können dann auch Programme zur Aufforstung gezielter durchgeführt werden.
In jedem Fall muss also quasi die Weltkarte neu gezeichnet werden, zumindest die, die die Waldflächen ausweist. Veröffentlicht wird die Untersuchung des belgischen Forscherteams übrigens von der renommierten Wissenschaftszeitschrift Science.
Roger Pint - Illustrationsbild: David Ebener/EPA
Zitat: "Zum Beispiel in Bezug auf den Klimawandel. Mehr Bäume, das heißt ja: Mehr CO2, das auf natürlichem Wege abgebaut wird."
Diese Aussage ist, Verzeihung BRF, irreführender Quatsch; auch wenn Klimaschutz kein Unsinn wäre.
NIRGENDWO gibt heutzutage auf der Welt einen Wald, dessen Kohlenstoff gebunden bleibt in der Biomasse. Jeder sterbende Baum wird versetzt, ob von Mikroorganismen, Holzfressenden Tieren, Pilzen oder Feuer. Sogar Treibholz auf dem offenen Meer, das vollgesogen mit Salzwasser untergeht, wird in der Tiefsee von Organismen zersetzt.
Auch der Mensch gebraucht seinen selbstgepflanzten Baumbestand zur Weiterverarbeitung, und nicht zur "Lagerung", denn das lohnt nicht.
Und auch da, wo der Mensch heute siedelt, hat meistens früher Wald gestanden. Würde man diese Flächen wieder renaturieren, würde damit nur ca. soviel Kohlenstoff gebunden wie einst vor der Besiedlung schon dort war.
Moore sind die einzigen Lebensräume, wo noch Kohlenstoff in Form von Torf gelagert ist.
Herr Scholzen, Sie sprechen da etwas entscheidendes an. Sobald Holz verbrannt wird oder sich organisch zersetzt, entseht wieder das zuvor gebundene CO2.
Deshalb halte ich auch gar nichts von all den Gurus, die im 21. Jahrhundert aus rein ideologischen Gründen mit Holz und Kohle ihre Häuser beheizen. Komplett ungefiilterte Holz- bzw. noch schlimmer Kohleöfen sind die aller schmutzigste Art der Beheizung, wegen des niederigen Wirkungsgrades besonders klimaschädlich und sollten aus dem Verkehr gezogen werden bzw. der Umbau auf Gas und Mazout staatlich gefördert werden.
Erst recht jetzt wo die Nachbarnationen Deutschland, Norwegen, Dänemark und England aus der Kohleverbrennung aussteigen, sollten auch die Haushalte hierzulande Adieu sagen zu dieser schmutzigen Energiequelle.